Wie BMW nach Südafrika ging

von Redaktion

VON MARTIN PREM

München/Rosslyn – Es war ein ehrgeiziger Plan des südafrikanischen BMW-Importeurs im Jahr 1967: Prätor Monteerder wollte nicht nur Autos aus Bayern verkaufen, er wollte sie auch selber bauen. „Keine Chance“, war die Reaktion aus Bayern. Die neue Klasse, mit der der Autobauer durchgestartet war, hätte Ingenieure und Monteure in Johannesburg überfordert. Doch es gab noch ein Auto, mit dem das Münchner Management nicht viel anfangen konnte: Der Glas 1700 war mit dem Goggomobil-Hersteller zum Konzern gekommen und sollte eigentlich aufs Abstellgleis.

Doch das Auto hatte einen Vorteil: Es war einfach aufgebaut. Und so kam man auf eine Idee, die sich schon mit den eleganten Coupés aus Dingolfing bewährt hatte: Man verpflanzte die Antriebstechnik von BMW in die vom italienischen Designer Pietro Frua entworfene Karosserie, ersetzte das Glas-G durch das BMW-Emblem. Fertig war ein Auto, das in Deutschland nie angeboten wurde. Es hieß je nach Motorisierung 1800 SA oder 2000 SA. Zuerst wurden Karosserieteile aus Dingolfing nach Südafrika gebracht, später sogar die Presswerkzeuge. Seither entstanden auch die Blechteile dort. Die Sache war höchst erfolgreich. In Südafrika wurden von den Modellen doppelt so viele Autos gebaut wie vorher vom Glas 1700 in Niederbayern. Und die Geschichte ebnete für BMW den Weg zum Weltkonzern. 1973 übernahm BMW die Produktion und hatte damit in Rosslyn bei Johannesburg sein erstes Werk außerhalb Deutschlands.

Nun kann man streiten, ob das Engagement angebracht war. Immerhin unterdrückte in Südafrika eine eingewanderte weiße Oberschicht alle anderen Ethnien brutal. Stabilisiert eine solche Investition das Apartheid-Regime? Oder trägt es dazu bei, es zu untergraben? Wer das Werk Rosslyn genauer unter die Lupe nimmt, wird vermutlich der zweiten Variante zuneigen. BMW brachte nicht nur Arbeitsplätze nach Südafrika. „Wir zeigen hier seit fünf Jahrzenten auch, was soziale Verantwortung bedeutet“, sagt Milan Nedeljkovic, Produktionsvorstand von BMW.

Das wird deutlich, wenn man auf die medizinische Versorgung im Werk blickt. Sie geht weit über das hinaus, was man in deutschen Fabriken unter werksärztlichem Dienst versteht. Da wird auch eine Lücke der vom Staat bereitgestellten sozialen Infrastruktur gefüllt. Auch Schulen in der näheren Umgebung fördert BMW, etwa in ärmeren Gegenden wie dem früheren Township Soweto, zu Apartheid-Zeiten ein Ghetto für die schwarze Bevölkerungsmehrheit. Vor allem aus solchen Schulen kommen viele Mitarbeiter des Werks. Sie sind außerdem nicht nur Bildungseinrichtungen, in ihnen spiegelt sich auch die soziale Lage des Stadtteils. Viele der Schüler sind Aids-Waisen, die bei ihren Großeltern aufwachsen.

BMW kündigte zum gestrigem 50-jährigen Jubiläum des Werkes eine Spende über 1,5 Millionen Euro zur Unterstützung eines UNICEF-Programms an. Vom Kinderfonds der Vereinten Nationen wird mit diesem Programm mehreren tausend südafrikanischen Kindern und Jugendlichen Wissen in Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen, Kunst und Mathematik vermittelt. Letztlich profitiert auch das Unternehmen davon. Die Ansprüche an die Qualität der Arbeit sind bei BMW weltweit die gleichen. Entsprechend legt man Wert auf die Qualifizierung der Mitarbeiter. Auch die Modelle, die hier gebaut werden, entsprechen dem, was BMW auch im deutschen Dingolfing oder im amerikanischen Spartanburg erwartet. Für alle BMW-Werke außerhalb Mitteleuropas diente das Werk in Südafrika als Blaupause. Denn ein Duales Ausbildungssystem mit Facharbeitern gibt es außerhalb Europas kaum.

Derzeit wird in Südafrika bei BMW das Mittelklasse-SUV X3 montiert. Gerade investiert BMW in das Werk umgerechnet 200 Millionen Euro, um es für die Elektromobilität zu qualifizieren.

Nach der Übernahme vor 50 Jahren war das Werk noch geraume Zeit in der Modellpolitik eigene Wege gegangen. Aus den Modellen 1800 SA und 2000 SA wurden der 1804 und der 2004, nun aber mit den damals markenprägenden Doppelscheinwerfern in der Frontpartie von BMW. Das letzte Kapitel des mittlerweile vollständig in den BMW-Konzern integrierten niederbayerischen Autobauers Glas wurde in Südafrika geschrieben.

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