München – Bürger sollen neue Möglichkeiten bekommen, privat und staatlich gefördert fürs Alter vorzusorgen. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hat am Montag Vorschläge für eine Reform der privaten Altersvorsorge vorgelegt: Die Riester-Rente soll weg – allerdings mit Bestandsschutz für bisherige Verträge. Ziel ist es, mehr Rendite zu ermöglichen und so wieder mehr Menschen dazu zu bringen, staatlich gefördert zu sparen.
Was ist das Problem?
Die bisherige Riester-Rente ist kein Erfolgsmodell. Eigentlich sollte die staatlich geförderte lebenslange private Rente Bürgern Sicherheit bringen, deren gesetzliche Rente perspektivisch nicht ausreichen wird. Sie wird mit staatlichen Zulagen und Steuervorteilen gefördert. Außerdem sind Anbieter verpflichtet, eingezahlte Beiträge zu 100 Prozent zu garantieren, sodass man kein Risiko eingeht. Doch deshalb sind die Renditechancen enorm eingeschränkt. Zugleich fallen hohe Abschluss- und Verwaltungskosten an, die an Versicherungen und Finanzinstitute gehen. Viele haben sich daher bereits entschieden, nicht weiter in ihre Riester-Verträge einzuzahlen.
Wie verbreitet ist die Riester-Rente?
Nach Zahlen der deutschen Versicherungswirtschaft gibt es derzeit rund 16 Millionen Riester-Verträge. Rund zehn Millionen davon sparen über einen klassischen Versicherungsvertrag – Banksparpläne und Investmentfondsverträge sind weniger verbreitet. Zuletzt wurden jedoch immer weniger Riester-Verträge abgeschlossen.
Was sind die Reformvorschläge?
Die Arbeitsgruppe schlägt nun mehrere Produkte vor, mit denen die Vorsorger je nach eigener Risikobereitschaft auch mehr Rendite herausholen können. So könnten auch Altersvorsorgen mit geringeren Garantien und dafür höheren Renditemöglichkeiten angeboten werden. Eine große Rolle soll ein Altersvorsorgedepot spielen, bei dem das Geld zum Beispiel in börsengehandelten Indexfonds (ETFs) angelegt wird. Um die staatliche Förderung zu kassieren, müsste das Depot bis zum Erreichen des Rentenalters bestehen bleiben. Auch bei Versicherungsmodellen soll mehr Risiko zugelassen werden – dadurch, dass nicht mehr 100 Prozent, sondern weniger der eingezahlten Beiträge garantiert werden. So könnten die Versicherer die Beiträge gewinnbringender am Kapitalmarkt anlegen. Zudem sollen Anbieterwechsel einfacher werden. Konkurrierende Produkte sollen über eine Internetseite zu vergleichen sein.
Was bedeutet das für Bestandsverträge?
Bestehende Riester-Verträge sollen erst einmal gültig bleiben – anders wäre es rechtlich gar nicht möglich. Wenn aber alle Vertragspartner einverstanden sind, sollen sie auch angepasst werden können, sodass sie zu den neuen Produkten konkurrenzfähig sind.
Was soll bleiben?
Beibehalten will die Expertengruppe die Art der staatlichen Förderung: Es soll weiter Zulagen, besondere Zuschüsse für junge Menschen und Menschen mit geringem Einkommen sowie die Möglichkeit des steuerlichen Sonderausgabenabzugs geben. Unklar ist noch, ob die Grenze von 2100 Euro dafür angehoben wird. Bleiben soll auch das Prinzip, dass in der Investitionsphase keine Steuern anfallen, dafür aber dann bei Auszahlung – wenn der Steuersatz wegen des geringeren Einkommens im Rentenalter wahrscheinlich niedriger ist.
Was sagen Verbraucherschützer?
Die Verbraucherzentrale Bundesverband, Teil der Kommission, fordert bei den Garantien eine klare Trennung von Lebensversicherung und Fondssparplan: „Von der vorgeschlagenen Absenkung der Garantiequote bei Lebensversicherungen von 100 auf 80 Prozent halte ich nichts“, sagte vzbv-Finanzmarkt-Chefin Dorothea Mohn. Gemeint ist, dass es im neuen Modell passieren kann, dass nur 80 Prozent des eingezahlten Kapitals ausgezahlt werden. Damit würden absehbar die Versicherer nur ihre Kosten decken, Verbraucher aber keine bessere Rendite erzielen, kritisierte Mohn. Gleichzeitig sollten Verbraucher laut Mohn auf Aktienfonds ohne Garantiekosten setzen können: „In Deutschland wurden die Menschen durch Steuerprivilegien jahrelang zur Lebensversicherung erzogen. Überall wo langfristig gespart wird, ist eine Versicherung aber schlicht ungeeignet.“ Nicht übernommen hat die Kommission den Wunsch des vzbv nach einem öffentlichen Vorsorgefonds: „Das heißt: Verbraucher zahlen freiwillig in einen Topf, der am Kapitalmarkt angelegt und zum Renteneintritt in flexibler Form ausgezahlt wird“, so vzbv-Expertin Dorothea Mohn. „Wir haben das simuliert: Selbst wenn der Markt kurz vor Renteneintritt zusammenbricht, fährt man damit besser als mit Garantieprodukten.“