Experten hatten sie schon im Frühjahr erwartet, jetzt ist sie da: Am Ölmarkt herrscht Knappheit, samt steigender Preise. Gleichzeitig ist die Nervosität am Gasmarkt trotz Überfluss hoch.
Gas und Strom
Vergangene Woche wurde Gas in Europa für rund 25 Euro die Megawattstunde gehandelt. Das ist nur 25 Prozent über dem Vorkrisenniveau – und ungewöhnlich. Denn das preisbestimmende Flüssiggas (LNG) kann wegen der hohen Logistikkosten nur zwischen 30 und 40 Euro rentabel verschifft werden. Grund für den Preiseinbruch – dasselbe Phänomen gab es Ende Mai – ist die „strukturell schwache Nachfrage über alle Sektoren“ sagte das Analyse-Team von S&P Global Commodity Insights unserer Zeitung.
Die beiden Preistiefs in Europa dauerten jeweils nur wenige Tage an, zu kurz um großen Einfluss auf die Verbraucherpreise zu haben. Grund dürfte unter anderem die stabile Nachfrage in der Japan-Korea-Region sein, wo nach wie vor konsequent über 30 Euro pro Megawattstunde bezahlt werden (siehe Grafik).
Auffällig ist, dass die europäischen Preise für das ganze Jahr 2024 seit Ende Mai bei gut 50 Euro liegen – und auch Terminkontrakte für 2025 sind kaum günstiger bepreist. Die S&P-Analysten führen die hohen Preiserwartungen auf die Sorge vor steigenden globalen Gasnachfrage zurück: Europa stehe in diesem Fall wieder im Wettbewerb mit anderen Abnehmerregionen (siehe Grafik).
Die Analysten von S&P setzen ihre Preisprognose für 2024 mit rund 49 Euro pro Megawattstunde nah am Markt. Für das Gesamtjahr 2023 rechnen sie mit 43 Euro.
Weil dieses Jahr keine neuen Flüssiggaskapazitäten an den Markt gehen, wird es für den Gaspreis – in beide Richtungen – stark darauf ankommen, wie sich die Nachfrage entwickelt.
Ein kleiner Trost: Die geplante Schließung von Europas größtem Gasfeld vor Groningen im Oktober sollte laut S&P bereits eingepreist sein.
Ein ähnliches Bild gibt es beim Strom: Die saisonal höhere Erzeugung grünen Stroms aus Sonnenenergie konnte die Strompreise seit Mitte April um ein Viertel auf heute rund 75 Euro pro Megawattstunde drücken. Die Preise für das kommende Jahr sind aber knapp doppelt so hoch. Grund: Der Strompreis wird nach wie vor von den Gaskosten bestimmt.
Weitere Unsicherheitsfaktoren sind die technisch und wetterbedingt fragliche Bereitschaft der französischen Atomkraftwerke. Fallen sie aus, muss Deutschland wieder Strom nach Frankreich liefern. Auch europäische Wasser- und Kohlekraftwerke sind von Dürre bedroht.
. Tipp für Verbraucher
Warmes Wetter, derzeit funktionstüchtige Atomkraftwerke in Frankreich und viel grüner Strom halten die Preise für Gas und Strom gerade zuverlässig unten. Die Sorge vor dem kommenden Jahr verhindert momentan aber weitere Schnäppchen. Die größten Risiken: Russlands Gaslieferungen nach Osteuropa, Frankreichs AKW und die Gas-Nachfrage in Asien. Gas gibt es derzeit durchschnittlich für neun Cent brutto die Kilowattstunde, Strom für unter 30 Cent. Am Markt werden wenigstens für 2024 und 2025 Unsicherheit und damit höhere Preise erwartet. Es ist eine äußerst ungewisse Wette, die in beide Richtungen ausgehen kann. Verbraucher, die auf Sicherheit setzen, sollten im Sommer einen Vertrag mit langer Preisbindung erwägen – mit dem Risiko nicht von fallenden Preisen zu profitieren.
Öl
Nachdem er wochenlang um die 75 Dollar pro Fass herumdümpelte, ist der Ölpreis jetzt wieder auf 80 Dollar gestiegen. Grund ist laut einer Commerzbank-Analyse vom Freitag, dass die prophezeite Unterversorgung durch die Föderkürzung der Opec-Länder jetzt eingetreten ist. Die Analysten sehen drei zusätzliche Preisrisiken kommen: Sowohl Russland, als auch die USA könnten im August noch weniger Öl auf den Markt bringen. Außerdem habe der Preis für russisches Öl durch die rekordhohen Importe nach China und Indien teilweise die Marke von 60 Dollar überschritten. Das G7-Embargo verbietet dann unter anderem Reedereien den Transport – was die Nachfrage auf jenen Märkten steigern könnte, auf denen Europa einkauft.
Alle drei Faktoren sind aber nicht gewiss und als Gegengewicht bleibt eine weiter fragile Weltkonjunktur. Sinkt die Nachfrage, sinkt auch der Preis. Die Commerzbank hält ihre Prognose von 85 Dollar pro Fass zum Jahresende.
Auch Gasöl, Vorprodukt für Heizöl und Diesel, verteuerte sich auf fast 800 Dollar die Tonne. Noch Ende Juni waren es unter 700. Grund ist laut Commerzbank gesunkene Diesel-Exporte aus China und unterdurchschnittliche Lagerbestände in den USA und Europa.
. Tipp für Verbraucher
Aktuell kostet Heizöl in Bayern 94 Cent je Liter. Oliver Klapschus, Leiter des Vergleichsportals Heizoel24, ist pessimistisch: „Gerade sieht es so aus, als würden wir eher über einen Euro pro Liter kommen, als unter 90 Cent.“
Denn: „Die Heizölpreise sind wegen der niedrigen Lagerbestände stark ans Rohöl gebunden.“ Er rät dazu, kurz abzuwarten, ob die Preise wieder fallen – und falls nicht, vor Ende der Sommerferien zu kaufen: „Ich rate davon ab, im Herbst Öl zu kaufen“. Denn: „Im Herbst kaufen viele Hausverwaltungen –und die Hurricane-Saison im Golf von Mexico beginnt“. Denn starke Stürme können Öllieferungen blockieren.