Herzogenaurach – Es ist eine komplizierte Operation. „Wir haben etwa ein Fünftel des Warenwerts an Yeezy-Produkten verkauft“, erklärte gestern Adidas-Finanzvorstand Harm Ohlmeyer zur Vorlage der Zwischenbilanz in Herzogenaurach. Weil das der hochwertigste Teil der auf Lager liegenden Kollektion von US-Skandalrapper Kanye West war, seien damit beim Endkunden 400 Millionen Euro umgesetzt worden, ergänzt Adidas-Chef Björn Gulden. Adidas selbst hat damit wiederum rund 150 Millionen Euro Gewinn erzielt. Zehn Millionen Euro dieser und künftiger Yeezy-Gewinne habe Adidas bereits gespendet, weitere 100 Millionen Euro seien dafür zurückgestellt worden, erklärt das Managerduo. „Wir werden auch in Zukunft spenden“, sagt Gulden noch vage.
Das ist der aktuelle Zwischenstand des Yeezy-Debakels. Adidas hatte sich mit Kanye West und damit einem zweifelhaften Geschäftspartner verbündet. Als sich dieser immer massiver antisemitisch geäußert sowie Nazis verherrlicht hatte und Adidas-intern gegenüber Frauen sexistisch aufgetreten war, zog der Sportartikler spät die Reißleine und kündigte die Verträge mit Kanye West, der sich heute nur noch kurz Ye nennt. Das Problem: In den Lagern stapelten sich Schuhe der gemeinsam mit Kanye West produzierten Submarke Yeezy im Produktionswert von einer halben Milliarde Euro. Verkaufswert: 1,2 Milliarden Euro. Was also tun mit diesem toxischen Warenbestand? Vernichten? Verschenken? Oder doch verkaufen und den Erlös spenden?
Adidas hat sich für Letzteres entschieden und im zweiten Quartal 2023 einen ersten Bestand an Yeezy-Schuhen angeboten. „Die Nachfrage war sehr hoch“, sagte Gulden. Vielen Verbrauchern war es offenbar egal, ob sie Schuhe eines offenkundigen Antisemiten und Nazi-Fans erwerben. Möglicherweise haben sie auch gerade deswegen gekauft. Geheim bleibt, wie hoch die Tantiemen ausfallen, die Kanye West jetzt noch einmal einstreicht. In dieser Frage streiten er und Adidas sich vor Gericht. THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN