Moskau – Im Gegensatz zur deutschen Wirtschaft wächst die russische – das liegt vor allem an der Rüstungsindustrie in Zeiten des Krieges gegen die Ukraine. Dennoch drücken die Sanktionen des Westens. Ein schwacher Rubel, sinkende Kaufkraft, weniger Export von Öl und Gas und immer höhere Ausgaben für Importe sind nur einige der Folgen einer Krise, über die russische Medien nun trotz der vielfach vom Staat unter Verschluss gehaltenen ökonomischen Daten offen berichten. Thema sind auch die fehlenden Fachkräfte, weil etwa Migranten angesichts der Wirtschaftsprobleme und mitunter auch drohender Einziehung zum Kriegsdienst das Land verlassen.
Zahlreiche Regierungen haben Russland als Reaktion auf den Angriffskrieg mit harten Sanktionen belegt. Allerdings meinen auch westliche Wirtschaftsexperten in Moskau, dass das Land im Grunde dem Sanktionsdruck besser standhalte als erwartet. Die russische Wirtschaft wächst sogar. Allerdings betonen die westlichen Ökonomen auch, dass Russland das Wachstum vor allem seiner Kriegswirtschaft und der massiv hochgefahrenen Produktion von Waffen und Munition zu verdanken habe. Nachhaltiges Wachstum sei das nicht.
Andere Wirtschaftsbereiche klagen hingegen über fehlende Aufträge und vor allem einen Mangel an Investitionen. Besonders die Anhebung des Leitzinses Mitte des Monats um 3,5 Punkte auf 12 Prozent habe der Wirtschaft einen Schlag verpasst und am Ende die Währung nicht stabilisiert, schrieb die russische Tageszeitung „Nesawissimaja Gaseta“. Das nun hohe Zinsniveau führe vielmehr zu extrem teuren Krediten, was wiederum die Investitionsbereitschaft abwürge.
Umfragen der russischen Zentralbank von August zeigen, dass die meisten russischen Unternehmen ihre Produktion zurückfahren – den zweiten Monat infolge. Demnach beklagen die Unternehmen auch einen Mangel an Fachkräften – hunderttausende Männer leisten Kriegsdienst – sowie Probleme mit der Logistik bei Lieferungen. Russland muss etwa für Devisen teuer Material und Ersatzteile einkaufen.
Weil der Zugang zur EU wegen der Sanktionen weitgehend geschlossen ist, führt das Land Waren aufwendig und teils unter Umgehung von Sanktionen über die Türkei, Georgien, Kasachstan und andere Länder ein. Der umständliche Transport, die Einfuhrzölle und eben auch ungünstige Wechselkurse zum Euro und Dollar verteuern viele Produkte und schwächen die ohnehin angeschlagene Kaufkraft weiter. Die Inflation gab die Zentralbank im Juli mit 4,3 Prozent an.
Dabei schwören kremlnahe Medien die Menschen inzwischen darauf ein, dass ein schwacher Rubel wohl von Dauer sein könnte. „So ist unser Devisenmarkt jetzt aufgestellt“, heißt es in der Titelgeschichte zum Rubel der Wochenzeitschrift „Expert“. Kritisiert wird da etwa, dass die Währung an der Börse zum Spekulationsobjekt geworden ist. „Aber in makroökonomischer Hinsicht gibt es keinen Grund zur Panik.“ Öl sei weiter relativ teuer, geopolitisch sei die Lage unverändert.
Klar ist aber auch, dass Russland inzwischen deutlich weniger Devisen einnimmt. Zum einen ist der Öl- und Gasexport wegen eines westlichen Boykotts und Preisdeckels zurückgegangen; zum anderen wickelt die Rohstoffgroßmacht den Verkauf teils in Rubel ab, was die Währung voriges Jahr stärkte. Nun aber fehlen Dollar und Euro. Da das Land seine Auslandsschulden zu über 90 Prozent in Westgeld begleichen muss, macht sich der Mangel an harter Währung bemerkbar.