München – Die Anspannung im Zenith war schon seit Stunden spürbar. Hunderte Gäste, Journalisten und alles, was im BMW-Konzern Rang und Namen hat, sollten in der Veranstaltungshalle im äußersten Münchner Norden ein Ereignis miterleben, das die Welt des Unternehmens sehr lange prägen dürfte. Es ging um einen ersten mehr als flüchtigen Blick auf das erste Modell der geheimnisumwitterten „Neuen Klasse“, das die Keimzelle für viele Entwicklungen künftiger Modelle des Münchner Konzerns werden soll.
Nur Konzernchef Oliver Zipse und Design-Chef Adrian von Hooydonk traten als Redner auf die Bühne. Die Vorstellung bietet einen Blick auf Äußeres. Es geht um die Wirkung eines neuen Designs – bei einem Fahrzeug, dessen eigentliche Besonderheit durch Technik, durch innere Eigenschaften definiert sein dürfte.
Einiges aus dem Inneren war bekannt. Die rein elektrische Architektur zum Beispiel. Anderes ließ sich leicht erraten: Die Vernetzung und konsequent digitale Ausrichtung.
Nun also die Optik. Filigran wirkt das Fahrzeug, gemessen an heutigen Modellen. Kein überdimensionierter Pseudo-Kühlergrill, wo ohnehin nichts zu kühlen ist. Bescheiden wie ein 1500 aus dem Jahr 1962, der durch gerade Linien mit der barocken Formenvielfalt der floppenden Nachkriegslimousinen ebenso aufräumte wie mit der Kugeligkeit des Kleinwagens Isetta.
„Große Schritte in der Technologie sind immer auch eine Möglichkeit für größere Wechsel im Design“, sagte Hooydonk. Schlichte Direktheit zeichnet das Konzept-Fahrzeug aus, das bei BMW erfahrungsgemäß schon sehr nah an der tatsächlichen künftigen Serie liegt.
„Die neue Klasse ist nicht nur ein Auto“, sagt Zipse, sie ist eine vollständig neue Generation von BMW-Modellen. Er verspricht ein wahres Modellfeuerwerk: 2025 soll das erste Model als Nachfolger des 3er in Debrecen (Ungarn) vom Band rollen, wenig später kommen Fahrzeuge aus München, China und Mexiko. Und innerhalb von 24 Monaten sollen insgesamt sechs Modelle der neuen Klasse auf den Markt sein.
Doch es ist nicht nur Design. Ein wenig offenbarte die Vorstellung auch, was man sich technisch unter der „Neuen Klasse“ vorstellen darf. Hier lüftete ZIpse die virtuelle Motorhaube ein bisschen: Eine um 20 Prozent höhere Energiedichte im Antriebsstrang kündigte er an. Eine um 30 Prozent schnellere Ladegeschwindigkeiten und eine um 30 Prozent längere Reichweite. „Ein wahrer technologischer Sprung sagt Zipse.
Bereits auf der ersten IAA Mobility in München hat der BMW-Chef ein Visions-Fahrzeug vorgestellt, von dem sich vieles nun auch in der „Neuen Klasse“ wiederfinden dürfte. „Das i Vision Circular, bei dem es um den Einsatz von Sekundärrohstoffen ebenso geht wie um die Wiederverwertbarkeit des eingesetzten Materials.
Denn hier hatte die Autoindustrie in den vergangenen Jahren leichtfertig einen Irrweg eingeschlagen. Durch immer noch ausgeklügeltere Materialmischungen wurden Gramm für Gramm Gewicht eingespart, um die Autos sparsamer zu machen. Der Haken an der Sache: Das entsprechende Material ist nach dem Ersteinsatz praktisch Müll. Auch das soll sich mit der neuen Klasse bei BMW fundamental ändern.
Auffällig ist: Während Elektrofahrzeuge immer noch mit Förderprämien in den Markt gebracht werden, hält Zipse auf lange Sicht davon nichts. „Wir freuen uns über jede Förderung“, sagt er, aber auch: „Die Kraft dieses Staates ist endlich.“ Wichtiger fürs Erreichen der 15 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2030 sei eine funktionierende Marktwirtschaft.