Autostandort zunehmend in Gefahr

von Redaktion

INTERVIEW Verbands-Chefin Hildegard Müller: Branche setzt Maßstäbe – Frage ist nur: wo?

München – Die deutsche Autoindustrie will auf der IAA zeigen, dass sie den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist. Verbands-Chefin Hildegard Müller erklärt, was Besucher erwarten können.

Einige IAA-Besucher kommen zum Protestieren. Stört das die Messe?

Friedlicher Protest gehört zur Demokratie. Die IAA Mobility versteht sich als zentraler Treffpunkt, der konstruktiven Dialog ermöglicht und fördert. Wir wollen diese Debatte – haben dazu auch Greenpeace, Fridays for Future und auch die Letzte Generation eingeladen. Ich finde es sehr schade, dass die Einladungen ausgeschlagen wurden. Wir selbst haben uns am Samstag einer Debatte mit Vertretern von Greenpeace, BUND, Letzte Generation und #IchbinArmutsbetroffen gestellt.

Was sind die großen Themen der Messe?

Nachhaltigkeit und Digitalisierung: Sie werden Innovationen aus dem Bereich der Elektromobilität, beeindruckende Fortschritte im Ausbau der Kreislaufwirtschaft und der Energieeffizienz oder technische Quantensprünge dank menschlicher und künstlicher Intelligenz bestaunen können. Wir zeigen darüber hinaus, wie die Digitalisierung das Fahren effizienter, komfortabler und sicherer machen kann. Hunderte Weltpremieren demonstrieren die Innovationskraft unserer Branche.

Einige große Vertreter aus Japan und den USA fehlen aber. Wie kommt´s?

Für mich als Rheinländerin ist das Glas immer halb voll: Wir konnten viele Aussteller zurück oder neu dazugewinnen, Opel etwa, oder BYD aus China. Auch der World New Energy Vehicle Congress findet dieses Jahr das erste Mal außerhalb Chinas statt. In Summe haben wir eine beträchtliche Steigerung der Neuanmeldungen. Gleichzeitig wird die IAA Mobility in München laufend weiterentwickelt. Viele, die noch nicht ausstellen, kommen dieses Jahr als Besucher – und wenn wir sie begeistern können, dann das nächste Mal als Aussteller. Besonders freue ich mich auch über die 100 Start-ups, die ihre Ideen präsentieren und auch mit größeren Firmen ins Gespräch kommen können.

Gerade die chinesischen Autobauer sind in Sachen E-Mobilität sehr selbstbewusst. Welche Stärken wollen die deutschen Autobauer präsentieren?

Wir brauchen uns nicht zu verstecken, im Gegenteil: Sechs von zehn E-Auto-Käufern in Deutschland zum Beispiel entscheiden sich für das Auto eines deutschen Herstellers. Aktuell ist viel in Bewegung: Wir investieren in den nächsten Jahren rund 250 Milliarden Euro in neue Antriebe und Digitalisierung und etwa 130 Milliarden in den Umbau unserer Werke. Bis Ende 2040 gibt es weltweit etwa 170 E-Modelle deutscher Hersteller. Gleichzeitig gilt – damit wir unsere Stärke auf die Straße bringen können, braucht es die richtigen Rahmenbedingungen. Der deutsche Standort braucht ein Reformprogramm um international wieder wettbewerbsfähig zu werden – gerade mit Blick auf die Wettbewerber wie zum Beispiel die USA oder China – sind Berlin und Brüssel gefordert, schnell zu handeln.

Also investiert die Branche, aber nicht in Deutschland?

Erste Tendenzen zeigen, dass die Investitionen immer häufiger im Ausland getätigt werden. Die deutsche Autoindustrie wird weltweit weiter die Maßstäbe setzen – die Frage ist, ob die Unternehmen auch in Deutschland produzieren. Die Politik muss verstehen, dass sie mit den Standortbedingungen darüber entscheidet, wo die Arbeitsplätze und damit der Wohlstand der Zukunft entsteht und dringend handeln.

Weg von den Autos: Die IAA Mobility will bewusst auch andere Zielgruppen ansprechen. Was haben Sie noch zu bieten?

Viele Fahrradhersteller oder Mikromobilitätsanbieter. Deshalb kann man nicht nur PKW testen, sondern auch zum Beispiel E-Bikes. Wir bieten zum Beispiel Fahrsicherheitstrainings und einen Parcours an. Wir wollen vor allem aufzeigen, wie ein Miteinander der verschiedenen Mobilitätsformen aussehen kann. Das werden die Menschen konkret erleben können. Wir haben neben vielen anderen auch den Chef der Deutschen Bahn und den der Lufthansa eingeladen. Und – vielleicht noch etwas, dass man sich nicht entgehen lassen sollte: Wir haben eine Reihe wirklich hochkarätiger Konzerte, die alle kostenlos sind.

Interview: Matthias Schneider

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