München – Begonnen hat alles mit einem Grillabend. Ein paar Freunde hatten sich verabredet, einer sollte das Fleisch mitbringen. Und das war ausgerechnet derjenige, der nicht kam und nicht kam. „Nur noch schnell das Kinderzimmer tapezieren“, war das letzte, was die anderen von ihm gehört hatten. Von schnell konnte dann freilich keine Rede sein. Stunden mussten die hungrigen Freunde am leeren Grill warten. Die Gespräche dabei drehten sich – ums Tapezieren. Ausrollen, kleistern, kleben, zuschneiden: Das muss doch auch irgendwie anders gehen …
Stefan Eibl, der gelernter Friseur ist, ließ dieser Gedanke nicht los. Tage später traf er sich erneut mit Grill-Kollegen und begann, ernsthaft an einem Konzept für eine völlig neuartige Tapete zu tüfteln. Am Anfang ging es darum, wie sie schnell, am besten in einem Stück an die Wand gebracht werden könnte. Entfernen sollte genauso leicht gehen. Dann kam noch das Thema Nachhaltigkeit dazu. Die Tapete sollte aus recyceltem Material sein, mehrfach verwendbar und selbst auch wieder recycelbar sein. Je länger Stefan Eibl darüber nachdachte, umso mehr wuchs die Begeisterung. Das bekam immer wieder auch einer seiner Stammkunden mit: „Während drei oder vier Haarschnitten musste er sich das immer wieder anhören“, lacht Eibl. Und irgendwann scheint die Euphorie übergeschwappt zu sein, denn der Kunde, der sich als Chef eines großen Unternehmens entpuppte, erklärte sich bereit, das Projekt zu finanzieren. Das war der Anfang der Firma Wallstoxx. Nach und nach kamen weitere Teilhaber dazu, ein Geschäftsführer wurde eingestellt, Patente und Zertifizierungen beantragt und erteilt, erste Aufträge abgewickelt.
Das Produkt, das über die Jahre entwickelt wurde: Eine Wandverkleidung, die pro Quadratmeter aus vier PET-Flaschen besteht, jedes gewünschte Bildmotiv haben kann, die in einem Stück statt in Bahnen an die Wand gebracht wird – von der sie sich „wie ein Abziehbild“ ablösen und anderswo neu anbringen lässt. Zudem kann man die Tapete in die Waschmaschine stecken, sie ist brandsicher und lässt sich desinfizieren, was sie interessant für Seniorenheime, Krankenhäuser und auch für Hotels macht. Wenn die Zeit zur Entsorgung gekommen ist, wird die Wallstoxx zu einem Material geschreddert, das im 3-D-Drucker verarbeitet werden kann. So wird aus der Tapete eine Vase oder eine Lampe. „An keiner Stelle fällt Müll an, das nenne ich nachhaltig“, sagt Eibl. Selbstredend wird in der Druckerei, die das gewünschte Foto auf die Tapete bringt, mit Solarenergie gearbeitet.
„Wir haben heute schon fast mehr Aufträge, als wir schaffen können“, sagt Eibl. Noch sind es vor allem Geschäftskunden. Zum Beispiel Unternehmen, die viel auf Messen gehen. „Die Wallstoxx lässt sich mit Produkten und Firmenlogo bedrucken und von einem Messestand zum nächsten mitnehmen“, erklärt der Gründer. Und Restaurants könnten per Tapete Werbung für Muschel- oder Trüffelwochen machen.
„Das Produkt ist ausgereift“, findet Eibl. Nun will die junge Firma am liebsten den Weltmarkt aufrollen und verstärkt auch Privatkunden gewinnen. Doch das ist ein Projekt, das ohne finanzstarken Partner aus der Branche kaum zu stemmen ist. Deshalb hofft Eibl, dass sich zum Beispiel ein internationaler Tapetenhersteller findet, der Wallstoxx zum Durchbruch verhilft. Er selbst würde sich dann zurückziehen – aber nur, wenn es sein muss. Lieber bliebe er noch eine Weile dabei: „Wallstoxx ist doch mein Baby“.