40 Milliarden Euro für Bahn-Sanierung

von Redaktion

VON CHRISTIAN EBNER, MATTHIAS ARNOLD U. ANDREAS HÖNIG

Frankfurt – Mit zusätzlichen Milliardeninvestitionen und einem konkreten Zeitplan geht die Bahn an die Sanierung viel befahrener Schienenkorridore. Ziel ist ein zuverlässigerer Bahnverkehr für Fahrgäste und Güter. „Jetzt wissen wir, in welcher Reihenfolge das Ganze funktionieren wird“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Freitag auf einem Treffen mit der Bahnbranche in Frankfurt. 40 hoch belastete Strecken sollen bis 2030 je für rund fünf Monate komplett gesperrt und dann saniert und ertüchtigt werden. Knapp 40 Milliarden Euro will der Bund dafür zur Verfügung stellen.

Der Bedarf ist groß. Fast jeder dritte Fernverkehrsreisende bei der Bahn hat 2022 sein Ziel mit mindestens 15 Minuten Verspätung erreicht. Lediglich 70,6 Prozent der Fahrgäste kamen mit weniger Verspätung an ihrem Zielort an, wie aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums an ein Abgeordnetenbüro hervorgeht. 2017 kamen noch gut 86 Prozent der Fahrgäste mit weniger als 15 Minuten Verspätung an ihrem Ziel an (siehe Grafik). Hintergrund sind aus Sicht der Kritiker die seit Jahrzehnten ausgebliebenen Investitionen in die Schieneninfrastruktur.

Insgesamt sollen 4000 Kilometer Schiene generalsaniert werden. Sie sind dann Teil des „Hochleistungsnetzes“ mit 9000 Kilometern. Insgesamt ist das deutsche Schienennetz 34 000 Kilometer lang. Schon lange bekannt sind die ersten drei Sanierungsprojekte: ab 2024 die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim, 2025 folgen dann die vor allem für den Güterverkehr wichtige Strecke Emmerich–Oberhausen in Nordrhein-Westfalen sowie Berlin–Hamburg. Auch mehrere Abschnitte in Bayern sind betroffen: Die Strecke von Nürnberg Reichswald nach Regensburg ist die fünfte von insgesamt 40, die in Angriff genommen wird. Start ist das erste Halbjahr 2026. Obertraubling–Passau ist die bundesweite Nummer sieben und im zweiten Halbjahr 2026 an der Reihe. Im ersten Halbjahr 2027 soll die Trasse von München Ost nach Rosenheim angegangen werden, im zweiten Halbjahr Rosenheim-Salzburg. 2028 folgt Würzburg–Nürnberg, die 2029 beginnenden Bauabschnitte liegen außerhalb Bayerns. 2030 ist der Freistaat dann aber mit Würzburg–Treuchtlingen und Ulm–Augsburg direkt betroffen.

Für die Fahrgäste bedeuten die mehrmonatigen Vollsperrungen vor allem weitere Einschränkungen. „Deswegen ist es wichtig, dass wir den Leuten sagen, das ist eine Mühe, eine Anstrengung, um hinterher besser auf der Schiene unterwegs zu sein“, betonte Wissing.

Um das überlastete Streckennetz wieder fit zu machen, will der Bund bis 2027 rund 40 Milliarden Euro investieren. 11,5 Milliarden davon kommen aus dem Bundeshaushalts-Einzelplan des Verkehrsministeriums. Finanziert werden soll das vor allem aus einer Erhöhung der Lkw-Maut. Weitere 12,5 Milliarden Euro sollen aus dem Klima- und Investitionsfonds fließen, einem Sondertopf der Bundesregierung. Drei Milliarden Euro muss die Bahn aus Eigenmitteln – etwa über die Aufnahme neuer Schulden – beisteuern.

Neu ist, dass der Bund dem Konzern weitere 12,5 Milliarden Euro über eine Eigenkapitalerhöhung zuschießen will. Dem muss die EU-Kommission allerdings noch zustimmen. „Wir sind dann bei knapp 40 Milliarden zusätzlich für die Bahn“, sagte Wissing. Der Konzern selbst hatte den Finanzbedarf ursprünglich auf 45 Milliarden Euro beziffert. „Wir werden die noch ausstehenden Mittel in den kommenden Jahren aufbauen“, betonte der Minister. Bis 2024 wird das Eigenkapital der bundeseigenen DB AG bereits jährlich um 1,125 Milliarden erhöht.

„Wir erneuern und modernisieren die Infrastruktur mit einem Programm, das beispiellos in der DB-Geschichte ist“, teilte Konzernchef Richard Lutz mit. Er betonte ebenfalls, dass mit den Baumaßnahmen erneut erhebliche Einschränkungen auf die Fahrgäste und die Güterverkehrskunden zukämen. „Aber es ist alternativlos, den Sanierungsstau anzugehen.“

Zur Umsetzung der Sanierungsprojekte ist geplant, unter dem Dach des DB-Konzerns eine neue, am Gemeinwohl orientierte Infrastrukturgesellschaft mit dem Namen „InfraGo“ zu gründen. In ihr sollen zum Jahreswechsel die Teilgesellschaften DB Netz und DB Station und Service aufgehen. Sinn der Konstruktion ist es, dass die bereitgestellten Bundesmittel ausschließlich in die Infrastruktur fließen und nicht in den Fahrbetrieb. Kritiker hatten gefordert, das Netz aus dem Bahn-Konzern zu lösen.

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