Gaspreise: Steuer-Hilfe soll früher auslaufen

von Redaktion

VON ANDREAS HÖNIG UND THERESA MÜNCH

Berlin – Gaskunden müssen sich zum Jahreswechsel womöglich auf höhere Preise einstellen: Früher als erwartet will das Finanzministerium auf Erdgas wieder eine höhere Mehrwertsteuer ansetzen. Geben die Anbieter das vollständig weiter, steigen die Gaspreise für private Haushalte nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox zum Januar um rund elf Prozent. Für einen Musterhaushalt mit vier Personen bedeute dies Mehrkosten von im Schnitt 270 Euro im Jahr. Das werde Gaskunden hart treffen, warnen Experten.

Wegen der Preisexplosion nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung Gas und Fernwärme im vergangenen Jahr steuerlich begünstigt. Ursprünglich sollte bis März 2024 der niedrigere Mehrwertsteuersatz von sieben statt 19 Prozent gelten. Nun soll die Entlastung nach dem Willen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) schon zum Jahreswechsel auslaufen. Beschlossen ist die Verkürzung noch nicht. Sie dürfte aber spätestens bei den Haushaltsberatungen auf den Tisch kommen.

„Die krisenbedingten Preisspitzen an den Gasmärkten haben sich inzwischen gelegt“, begründete Lindners Ministerium. Die Steuersenkung sei von Anfang an nur als kurzfristige Maßnahme gedacht gewesen. Sie könne vorzeitig beendet werden, weil der Gaspreis schneller wieder sank als angenommen. Für die Bundesregierung ist das eine gute Nachricht, denn durch die gesenkte Mehrwertsteuer hatte der Staat weniger Einnahmen. Zu Beginn rechnete man mit Kosten von rund 11,3 Milliarden Euro. Durch das frühere Ende dürften Bund, Länder und Kommunen laut Finanzministerium 2,1 Milliarden Euro sparen.

Was der Staat einspart, müssen Gaskunden mehr zahlen – und das trifft viele private Haushalte. Laut Energiewirtschaftsverband BDEW wurden 2022 knapp die Hälfte der gut 43 Millionen Wohnungen und Einfamilienhäuser mit Erdgas beheizt. Im Schnitt müssen ihre Bewohner laut Verivox nun mit einem Preissprung von rund elf Prozent kalkulieren. Für eine vierköpfige Familie mit Verbrauch von 20 000 Kilowattstunden Gas würde das ein Kostenplus von 270 Euro im Jahr bedeuten. Hat man selbst keinen Gasvertrag abgeschlossen, sondern nutzt die Grundversorgung, sei der Preisanstieg mit 331 Euro noch höher. Ein Paar mit einem Verbrauch von 12 000 Kilowattstunden muss laut Verivox durchschnittlich 170 Euro draufzahlen, in der Grundversorgung 209 Euro. Singles mit einem Verbrauch von 5000 Kilowattstunden müssten mit einem durchschnittlichen Kostenplus von 71 Euro rechnen (Grundversorgung: 87 Euro).

Verbände und Politiker gehen davon aus, dass die Rückkehr zum höheren Steuersatz ausgerechnet in der Heizsaison viele Familien empfindlich treffen würde. „Insbesondere Menschen mit kleinen Einkommen stellen die Energiepreise nach wie vor vor große Herausforderungen“, mahnte Sozialverband-Präsidentin Verena Bentele. Vor allem für Menschen mit wenig Geld müsse es so lange Hilfen geben, bis sich die Preise wieder normalisiert hätten.

Politisch scheint das letzte Wort in der Ampel-Koalition noch nicht gesprochen zu sein: Die Grünen kündigten an, sich den Vorschlag bei den Haushaltsberatungen genau anzusehen. Parallel setzen sie sich dafür ein, die noch bis Jahresende geltende Gas- und Strompreisbremse zu verlängern. „Als Versicherung, dass die Preise weiterhin nicht durch die Decke gehen können“, wie Fraktionsvize Andreas Audretsch der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Für Bürgerinnen und Bürger sind verlässliche und bezahlbare Energiepreise von hoher Relevanz“, betonte er.

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