München – Die Erhebung von ifo Institut und FAZ, an der insgesamt 205 Wirtschaftsprofessoren teilnahmen, ergab auf etlichen Feldern kritische bis ablehnende Bewertungen. Insgesamt geben die Ökonomen der Ampel die Note 4. Nur 15 Prozent vergeben ein „Sehr gut“ (2) oder „Gut“ (13), während 29 Prozent die Zwischenbilanz als „mangelhaft“ bezeichnen und 14 Prozent sogar als „ungenügend“. Die einzelnen Themenfelder im Detail:
Industriestrompreis
Eine überwältigende Mehrheit von 83 Prozent lehnt eine Einführung ab. Die Experten argumentieren, ein solches Instrument würde den Anreiz der Unternehmen reduzieren, energiesparend zu produzieren. Es sei ungerecht und für den Klimaschutz schädlich. Zudem bestehe die Befürchtung, dass aus einer befristeten eine dauerhafte Subvention für Großunternehmen werden könne. Empfohlen wird vielmehr der Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie die Nutzung von Atomkraft. Auch innerhalb der Ampel gibt es kein einheitliches Meinungsbild. Während Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), aber auch die FDP den Industriestrompreis skeptisch sehen, wirbt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dafür.
Atomausstieg
58 Prozent der Ökonomen sprechen sich gegen einen endgültigen Ausstieg aus, 38 dafür. Zahlreiche Experten beklagen, dass eine klimafreundliche und kostengünstige Energiequelle nicht mehr genutzt werde. Stattdessen werde Atomstrom aus Ländern mit weitaus unsichereren Reaktoren importiert.
Heizungsgesetz
Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes stößt bei 60 Prozent der Befragten auf Ablehnung. Das Gesetz sei zu kleinteilig reguliert und trage teilweise planwirtschaftliche Züge. Eine bessere Lenkungsmöglichkeit gebe es über den CO2-Preis. Befürworter des Gesetzes loben die Auswirkungen auf die Klimaziele im Gebäudesektor. Allgemein skeptisch gesehen wird die Abschwächung der ursprünglichen Vorgaben.
Bürgergeld
Skeptisch ist eine Mehrheit der Ökonomen auch, wenn es um die Anhebung des Bürgergeldes um zwölf Prozent geht. 55 Prozent befürchten einen Rückgang der Arbeitsanreize, insbesondere im Niedriglohnsektor. Der Unterschied zwischen Geringverdienern und Beziehern von Bürgergeld schrumpfe weiter. 33 Prozent loben die Maßnahme hingegen, sowohl als Inflationsausgleich als auch als Beitrag zur Reduzierung sozialer Ungleichheit.
Mindestlohn
Deutlich mehr Zuspruch erhält die Bundesregierung für die Erhöhung des Mindestlohns, der 2024 von 12 auf 12,41 Euro steigen soll. 64 Prozent befürworten diesen Schritt. Die Steigerung sei einerseits noch moderat, andererseits aber nötig, um den Inflationsausgleich zu gewährleisten. Zudem wird gelobt, dass das reguläre Verfahren wieder aufgenommen und die Mindestlohnkommission gestärkt wurde. 29 Prozent lehnen die Anhebung ab. Einem Teil ist sie zu niedrig, der andere lehnt den Mindestlohn als solchen oder die vorherige Erhöhung auf zwölf Euro ab.
Elterngeld
Bei der Frage, ob Paare ab einem zu versteuernden Einkommen von 150 000 Euro ab 2024 kein Elterngeld mehr beziehen sollten, sind die Ökonomen gespalten. Befürworter der Absenkung (46 Prozent) verweisen darauf, dass Sozialleistungen primär einkommensschwachen Familien zugute kommen sollten. Die Kritiker (42 Prozent) sehen das Elterngeld hingegen nicht als Sozialleistung, sondern als familienpolitisches Instrument. Durch die Maßnahme werde kaum Geld gespart, doch einkommensstarke Frauen würden diskriminiert – mit der Konsequenz, dass gut ausgebildete Frauen noch weniger Kinder bekommen könnten.
Leitzinsen
Viel Lob gibt es für eine Maßnahme, die nicht die Ampel zu verantworten hat. Im September erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins um 0,25 Punkte auf 4,5 Prozent. Drei Viertel der Experten begrüßen dies. Sie verweisen auf die immer noch hohen Inflationsraten, zudem sollten Inflationserwartungen gesenkt und die Glaubwürdigkeit der EZB gestärkt werden. Deren Hauptaufgabe bestehe darin, Preisstabilität zu gewährleisten.