Bad Wimpfen – Ob Schnitzel, Hackfleisch oder Bratwurst: Verbrauchern steht in deutschen Discountern und Supermärkten mittlerweile ein großes Angebot an Fleischersatzprodukten zur Verfügung. Nur: Im Vergleich zum Fleisch sind die Ersatzprodukte häufig – und teils deutlich – teurer.
Der Discounter Lidl hat am Mittwoch angekündigt, die Preise für nahezu das gesamte Sortiment seiner veganen Eigenmarke an vergleichbare Produkte tierischen Ursprungs anzugleichen. Bisher seien vegane Alternativprodukte deutlich teurer als tierische Vergleichsprodukte. Mit der Aktion wolle Lidl nicht nur Vegetarier und Veganer ansprechen, sondern auch Flexitarier – also Menschen, die ihren Fleischkonsum bewusst einschränken.
Dass die Aktion nicht nur gut für das Image, sondern auch für die Kassen sein kann, legt eine im September veröffentlichte repräsentative Umfrage des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels nahe. Neun Prozent der Befragten ernähren sich demnach vegetarisch, drei Prozent vegan. 41 Prozent bezeichneten sich als Flexitarier.
Preissenkungen im rund 20 Prozent
Die Preissenkungen lagen im Schnitt bei rund 20 Prozent, teilte ein Lidl-Sprecher auf Anfrage mit. Bei der Auswahl sei dem Discounter wichtig gewesen, tierische Vergleichsartikel auszuwählen, die bei der Mehrheit der Kunden aktuell zur Standardauswahl gehören. So sei beispielsweise für das vegane Hack das Vergleichsprodukt das günstige gemischte Hackfleisch – und nicht das deutlich teurere Bio-Rinderhackfleisch.
Bei einer Stichprobe in einer Lidl-Filiale kostete Anfang der Woche – also vor der Preissenkung – die 275-Gramm-Packung veganes Hack der Eigenmarke „Vemondo“ 3,29 Euro. Der Kilopreis lag demnach bei 11,96 Euro. Das günstige gemischte Hackfleisch kostete bei einer 800-Gramm-Packung im Angebot 5,79 Euro. Der Kilopreis: 7,24 Euro.
Aber warum sind vegane Ersatzprodukte überhaupt teurer als Fleisch?
Masse und Steuern bestimmen Preise
„Fleisch heißt Massenproduktion“, sagt der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. Es gehe der Industrie darum, in möglichst großen Stückzahlen zu produzieren, wodurch die Kosten je Stück geringer werden. Dadurch kann billiges Fleisch angeboten werden. Vegane Ersatzprodukte könnten bei den Mengen nicht mithalten. „Deswegen sind sie teurer“, sagt Heinemann. Lasse van Aken, Agrarexperte bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace, verweist auf den Mehrwertsteuersatz. So greift bei Fleisch und Wurst ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Für Ersatzprodukte werden hingegen 19 Prozent fällig. „Das kritisieren wir ganz stark“, sagt van Aken. Beim Fleisch müsse der Mehrwertsteuersatz angehoben werden. Pflanzliche Alternativen sollten im Gegenzug mit null Prozent besteuert werden, fordert er.
Vegetarisches stärker gefragt
Der Markt für vegetarische oder vegane Fleischalternativen in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden im vergangenen Jahr 104 300 Tonnen Fleischersatzprodukte produziert. Das seien 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr und im Vergleich zu 2019 sogar 72,7 Prozent mehr.
Allerdings stellte das Nürnberger Marktforschungsunternehmen GfK zuletzt in einer Analyse fest, dass das Wachstum im ersten Halbjahr 2023 ins Stocken geraten sein soll. Demnach sei der Umsatz mit zwei Prozent nur noch leicht gestiegen, die verkaufte Menge aber um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. Wobei dies nicht auf die Anzahl der Käufer zurückzuführen sei. Diese stieg der Analyse zufolge nämlich um 3,6 Prozent. Stattdessen kauften die Haushalte insgesamt seltener und damit auch weniger als noch im ersten Halbjahr 2022.