Gebäudereiniger schimpfen über das Bürgergeld

von Redaktion

Berlin/München – Das Bürgergeld hält offenbar doch in größerem Umfang Geringverdiener vom Arbeiten ab. Das legen Daten des Gebäudereiniger-Handwerks nahe, die heute vorgestellt werden sollen. Mehr als zwei Drittel der befragten Firmen haben die Erfahrung gemacht, dass Beschäftigte lieber Stütze nehmen als arbeiten gehen.

Für seine Herbst-Konjunkturumfrage hat der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) die Daten erfragt. Hintergrund sind Vorwürfe vor allem aus der Union, das Bürgergeld sei zu hoch, der Abstand zum Lohn zu gering. Nach der BIV-Abfrage melden 28,4 Prozent der befragten Unternehmen, dass bereits mehrere Beschäftigte mit konkretem Verweis auf das Bürgergeld gekündigt oder eine Kündigung „in Aussicht gestellt“ haben. Weitere 40 Prozent bestätigen diesen Trend, sehen für sich aber bisher nur Einzelfälle. Der Rest verneint: kein Problem.

„Dass das neue Bürgergeld bei sieben von zehn Unternehmen in Deutschlands beschäftigungsstärkstem Handwerk die Personalnot verschärft, sollte die Politik dringend alarmieren“, klagt Bundesinnungsmeister Thomas Dietrich. Die „Balance zwischen Fordern und Fördern“ sieht er in Zweifel. Der Verband vertritt nach eigenen Angaben rund 85 Prozent des Marktes, 2500 Betriebe und knapp 700 000 Mitarbeiter.

Das Bürgergeld war von der Ampel-Regierung eingeführt worden. Es löst die „Hartz“-Leistungen ab. Um zwölf Prozent erhöhte die Bundesregierung – basierend auf statistischen Daten – das Bürgergeld zum Januar 2024. Für allein lebende Erwachsene beträgt es dann 563 Euro.

Kombiniert mit Wohn-, Heiz- und weiteren Zuschüssen kommen stattliche Summen zustande. Das Institut für Weltwirtschaft sorgte mit einer Musterrechnung für Aufsehen, wonach eine vierköpfige Familie mit Bürgergeld 50 Euro mehr zur Verfügung habe als mit einem 38-Stunden-Job zum Mindestlohn. In anderen Rechnungen war der Abstand zumindest minimal.

Die Union bekräftigte die Kritik an der Erhöhung. Sie fordert zudem, ukrainische Flüchtlinge aus diesem System zu nehmen. Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) verlangte gestern, die Jobcenter aufzustocken, um Arbeitslose schneller zu vermitteln. Aus der CDU kommt der Plan einer Arbeitspflicht für gesunde Bürgergeld-Empfänger. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) betont, das Bürgergeld sichere nur das Existenzminimum. Der Ökonom Hans-Werner Sinn fordert indes, Niedrigqualifizierte sollten statt mehr Bürgergeld eine staatliche Zuzahlung zum Gehalt erhalten. Das aktuelle System sei falsch. C. DEUTSCHLÄNDER

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