Bahn verkauft Auslandstochter Arriva

von Redaktion

1,6 Milliarden Euro soll die Veräußerung bringen – Logistik-Tochter Schenker könnte den Konzern als nächstes verlassen

Berlin – Eine Sprachschule in Dänemark, ein Autohaus in Slowenien, ein Busunternehmen in Budapest: Kritiker fragen schon lange, warum bei der Bahn Geld für solche Aktivitäten weit abseits des Kerngeschäfts vorhanden ist, während sich Fahrgäste an deutschen Bahnhöfen immer öfter über verspätete Züge ärgern müssen. Mit ihrem nun beschlossenen Verkauf der Auslandstochter Arriva nimmt die Bahn dieser Kritik etwas Wind aus dem Segel.

„Das strategische Ziel der Deutschen Bahn ist es, Rekordinvestitionen in den umweltfreundlichen Schienenverkehr im deutschen Kerngeschäft zu tätigen“, teilte Finanzvorstand Levin Holle gestern mit. „Somit steht der unterzeichnete Kaufvertrag im Sinne der starken Schiene.“

Arriva betreibt Busse und Züge in Großbritannien und zehn weiteren europäischen Märkten. Zum Unternehmen gehören etwa manche der roten Doppelstockbusse in London. Dazu gehörten aber auch besagte Sprachschulen, Autohäuser und Busunternehmen in anderen Ländern. 1,6 Milliarden Euro erhält die Deutsche Bahn Medienberichten zufolge nun dafür, dass sie sich von diesen Firmen trennt. Käufer von Arriva ist der auf Infrastrukturprojekte spezialisierte Finanzinvestor I Squared Capital. Offizielle Angaben zum Preis gab es nicht.

Noch im Jahr 2010 hatte die Bahn für Arriva inklusive Schulden rund 2,7 Milliarden Euro auf den Tisch gelegt. Mit Arriva trennt sich die Bahn indes auch von Verbindlichkeiten von rund einer Milliarde Euro sowie von hohen anstehenden Investitionen in die Unternehmensflotte.

Erst vor wenigen Wochen hatte die Bahn die nächste Phase im Verkauf einer weiteren prominenten Konzerntochter bekannt gegeben: Für den Logistikkonzern DB Schenker will der Vorstand nun auf Käufersuche gehen. Auch Schenker ist im Ausland höchst umtriebig. Doch anders als Arriva hatte der wirtschaftlich gut laufende Logistik-Riese die jüngsten Bilanzen der Deutschen Bahn deutlich aufpoliert. Das Interesse von Investoren gilt als groß. Mit den Einnahmen will die Bahn vor allem ihren Schuldenberg von rund 30 Milliarden Euro abbauen.

Arriva und Schenker stehen für eine Zeit, in der die Bahn mit milliardenschweren Zukäufen unter Bahnchef Hartmut Mehdorn und seinem Nachfolger Rüdiger Grube versucht hatte, zu einem weltweiten Logistik- und Verkehrskonzern aufzusteigen. Kritik daran gab es schon damals. Beim Kauf von Arriva 2010 unterstellte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter der Bahnführung „Größenwahn“.

Doch ein Global Player bleibt der Konzern auch nach dem Verkauf von Arriva. In der E.C.O.-Gruppe bündelt die Bahn Beratungs- und Entwicklungsangebote sowie den Betrieb für Verkehrsprojekte in aller Welt. Ende 2022 hat das Unternehmen etwa einen Milliardenauftrag in Ägypten an Land gezogen. Die Bahn soll dort das erste Hochgeschwindigkeitsnetz betreiben und instandhalten.

Technische Unterstützung leistet die Bahn zudem seit einigen Jahren für die Doha Metro im Wüstenstaat Katar. Auch bei einer Umstrukturierung des Hafens von Santos in Brasilien stand die Bahn beratend zur Seite.

Besonders umstritten ist ihre Beteiligung am mexikanischen Infrastrukturprojekt „Tren Maya“. Der Zug soll ab 2024 eine Strecke von rund 1500 Kilometern, größtenteils auf der Halbinsel Yucatán, abfahren und pro Jahr rund drei Millionen Touristen transportieren. Umweltschutzgruppen und Vertreter indigener Gemeinschaften haben Klagen gegen das Projekt eingereicht.

Trotz all dieser Tätigkeiten wird das Auslandsgeschäft der Deutschen Bahn mit dem Verkauf von Arriva und der geplanten Veräußerung von Schenker erheblich schrumpfen. „Es ist ein erster Schritt, um den Größenwahn der DB als internationalen Transportgiganten zu beenden“, teilte der Grünen-Politiker Matthias Gastel mit. dpa

Artikel 4 von 7