München – Mit 500 Euro kann man schon einiges anfangen: einen Kurzurlaub machen etwa oder sich ein Handy kaufen. Aber ein Haus? Auch das soll jetzt gehen. Das verspricht jedenfalls die Münchner Firma Immvestify.
Ihr Modell: Sie sammelt bei Privatanlegern Geld ein, auch Kleinbeträge von 500 Euro aufwärts können investiert werden. Der Anleger erhält dafür einen sogenannten Token, also ein elektronisches Wertpapier auf der Basis der Blockchain. Mit dem Geld kauft Immvestify dann Häuser von Senioren, nach eigenen Angaben für 40 bis 65 Prozent des Marktwertes. Dafür behalten die Rentner und Rentnerinnen aber das Nießbrauchrecht, dürfen also weiter in den Immobilien wohnen bleiben. Sterben die Bewohner, wird das Haus verkauft und der Verkaufsgewinn zu 80 Prozent an die Investoren ausgeschüttet.
Die junge Firma kombiniert damit zwei Trends: erstens die Immobilienverrentung. Bei ihr kaufen Investoren bedürftigen oder erbenlosen Senioren Häuser ab und räumen ihnen dafür lebenslanges Wohnrecht ein. Der zweite Trend: die Tokenisierung. Über sie erhält auch eine weniger betuchte Klientel die Möglichkeit, in teure Objekte wie Oldtimer, Kunst oder eben Immobilien zu investieren. Der Trick dabei: Es agiert nicht jeder einzeln, das Kapital wird wie bei einem Fonds gebündelt. Als verbrieften Anspruch auf ihre Anteile erhalten die Anleger eine digitale Münze, den Token.
Unumstritten sind beide Trends jedoch nicht. Die Immobilienverrentung ist im besten Fall für beide Seiten eine gute Sache, im schlechtesten verscherbeln Senioren ihr Haus unter Wert. Auch die Tokenisierung birgt Unwägbarkeiten. „Die Tokeninhaber tragen hohe Risiken, denn sie haben nicht nur eine ungünstige nachrangige Stellung, sie leihen ihr Geld häufig auch jungen Unternehmen mit neuartigen Geschäftsmodellen“, zitiert die Stiftung Warentest den Kapitalmarkt-Anwalt Peter Mattil.
Auch Immvestify ist neu gegründet, kommt aber aus dem Umfeld des Immobilieninvestors Otto Kiebler. Auf der Münchner Immobilienmesse wird sich das Start-up am heutigen Samstag erstmals vorstellen. Die Gründer wollen bis zu acht Millionen Euro einsammeln – den Maximalbetrag, bis zu dem die Finanzaufsicht keinen großen Wertpapierprospekt fordert. Zehn bis 20 Häuser will Immvestify später mit dem Geld der Anleger erwerben.
Die Firma selbst spricht dabei von einer Revolution auf dem Markt der Immobilienverrentung, der bisher den Reichen vorbehalten war. Wer sein Geld anlegen will, muss jedoch etwas Abenteuerlust mitbringen. Die Tokens gelten als Genussscheine, ihre Besitzer werden im Fall einer Pleite als letztes bedient. Und Ausschüttungen gibt es erst, wenn die ersten Bewohner das Zeitliche segnen und die Häuser versilbert werden. Das kann Jahre dauern. Zwischenzeitlich können die Anteile nicht verkauft, sondern nur zwischen den Investoren und später auf einer Kryptobörse gehandelt werden. Dafür stellt Immvestify im Erfolgsfall vier bis zehn Prozent Rendite pro Jahr in Aussicht – wenn alles klappt. ANDREAS HÖSS