Die Batterieküche von BMW

von Redaktion

VON ANDREAS HÖSS

Parsdorf – Für BMW sieht die Zukunft wie eine kleine Getränkedose aus. Genau daran erinnert nämlich die eigens entwickelte Batteriezelle, die BMW seit gestern in Kleinserie in Parsdorf baut. Sie ist silber, rund zehn Zentimeter hoch, wiegt ungefähr ein halbes Kilo – und soll im Vergleich zu den heutigen BMW-Batterien 30 Prozent mehr Reichweite und 30 Prozent schnelleres Laden ermöglichen. Zukunft ist für BMW allerdings dabei ein relativer Begriff, zumindest was die dosenförmige Zelle betrifft: Schon 2025 soll sie die Neue Klasse genannte nächste Generation der E-Modelle aus München mit Saft versorgen. Und da der Autobauer fast schon sein Schicksal an diese Neue Klasse geknüpft hat, überlässt er auch bei der Dosenzelle nichts dem Zufall.

Bestes Beispiel: Die Fertigungsanlage im Gewerbegebiet von Parsdorf. 80 Mitarbeiter aus Produktion, Forschung, Entwicklung und Einkauf erproben dort in Kleinserie, wie man Batteriezellen am besten in Großserie baut. Das Ziel von BMW ist dabei nicht, selbst möglichst schnell zum Batteriehersteller zu werden. Mit der 170 Millionen Euro teuren Pilotanlage wolle man eher Chefkoch für seine Zulieferer sein, sagte Produktionsvorstand Milan Nedeljkovic´ am Donnerstag bei der Einweihung der Anlage. Denn: „Die Rezeptur entscheidet am Ende, ob ein Gericht gut schmeckt – und ob es sich später auch in einer Großküche zubereiten lässt.“

Geköchelt wird an dieser Rezeptur in einer rund 15 000 Quadratmeter großen Halle mit mehreren Bereichen, die an eine Gigafactory im Miniformat erinnert. Zunächst wird dort in einer Chemieküche das sogenannte Slurry zubereitet, das aus Graphit und Nickeloxiden bestehende Grundmaterial für Anode und Kathode. Es ist wie ein zäher Honig, mit dem später Metallfolien beschichtet und so dünn wie Spinnenfäden gewalzt werden. In der Zellmontage werden diese Folien zu Rollen gewickelt, den sogenannten Jelly Rolls. Sie kommen in das dosenförmige Zellgehäuse. Am Ende werden die Zellen mit Elektrolyt befüllt , erstmals geladen und durchwandern anschließend die Qualitätskontrolle.

Dass sich BMW dabei anders als bei derzeitigen Batterien für eine Rundzelle entschieden hat, hat vor allem drei Gründe: Sie sind sehr stabil, lassen sich besser kühlen und man kann sie auch einfacher bauen. Trotzdem ist ihr Herstellungsprozess extrem kompliziert und birgt tausende Fallstricke. Auch deshalb überlässt BMW die Massenproduktion lieber etablierten Batteriefirmen wie AESC aus Japan, Samsung aus Korea, CATL aus China oder Northvolt aus Schweden, die schon heute Batterien für E-Autos aus München fertigen. Dabei sollen die jeweiligen Batteriefabriken künftig möglichst nah an den Autowerken stehen, die BMW in Bayern, Ungarn, den USA, Südafrika oder China hat. „Unser Ziel ist es, auf jedem Kontinent Zugang zur Batterieproduktion zu haben“, bestätigte Produktionsvorstand Nedeljkovic´ .

Ganz wie ein herrischer Chefkoch, der Rezepte bis ins Detail diktiert, will man sich den Zulieferern gegenüber aber nicht benehmen. „Wir werden bestimmte Mindeststandards vorgeben, etwa was Energiedichte, Leistungsdaten, Kosten, aber auch Sicherheitsaspekte betrifft“, erklärte Stefan Brandlhuber, der für den Einkauf und das Lieferantennetzwerk verantwortlich ist. „Wir wollen eher auf Augenhöhe mit den Herstellern in den Dialog gehen und Lösungen anbieten können, falls einmal Probleme auftreten, die wir auch schon in der Kleinserie hatten.“

Vorreiterrolle wollen die Bayern auch bei Umweltfragen in der Batterieproduktion einnehmen. Die Halle in Parsdorf läuft komplett mit Erneuerbaren Energien und wird unter anderem von Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach versorgt. Auch das im Bau befindliche Werk im ungarischen Debrecen, in dem ab 2025 die Neue Klasse vom Band laufen wird, soll ohne fossile Energien auskommen. Die Zulieferer sollen zudem möglichst viel recycelte Rohstoffe wie Kobalt, Nickel und Lithium einsetzen. BMW will damit nicht nur den C02-Fußabdruck in der Batterieproduktion um insgesamt 60 Prozent senken, sondern auch Kosten sparen.

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