Oh du sparsame Weihnachtszeit

von Redaktion

VON CHRISTIAN ROTHENBERG

München/Berlin – Die Einzelhändler in Deutschland bräuchten ein kleines Weihnachtswunder. Nach einem schwierigen Jahr für die Branche wären umsatzstarke Wochen zum Jahresende besonders wichtig. In einigen Branchen wie Spielwaren, Bücher, Schmuck und Unterhaltungselektronik beträgt der Anteil der Monate November und Dezember ein Viertel des Jahresumsatzes. Doch die vorweihnachtliche Vorfreude im Handel ist getrübt.

Händler erwarten deutliches Minus

Denn zurzeit kommt zu viel zusammen, was die Aussichten auf ein gutes Weihnachtsgeschäft dämpft. Wie schon im Vorjahr drücken erneut wirtschaftliche Unsicherheit, Inflation und Kriege auf die Konsumstimmung der Verbraucher. Fast 80 Prozent der Händler gehen laut einer Umfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE) davon aus, dass viele Kunden in den kommenden Wochen nur zurückhaltend einkaufen.

Bereinigt um Preissteigerungen rechnet der HDE im November und Dezember deshalb mit einem Umsatzminus von 5,5 Prozent im Vergleich zu 2022. Durchschnittlich 295 Euro wollen Verbraucher laut einer repräsentativen YouGov-Umfrage im Auftrag des HDE in diesem Jahr für Weihnachtsgeschenke ausgeben. Der repräsentativen Befragung zufolge plant fast jeder Zweite so viel Geld für Geschenke ein wie im Vorjahr, 28 Prozent weniger und nur zehn Prozent mehr als im Vorjahr.

Konsumverhalten an Preise angepasst

Laut einer Studie des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY liegt das Geschenkbudget auf dem niedrigsten Wert seit 2014. Unter Berücksichtigung der Inflation sei ein Einbruch zu beobachten. „Die Menschen haben ihr Konsumverhalten an die gestiegenen Preise angepasst, sie kaufen schlicht weniger ein“, stellt auch Ole Schröder, Vorstand der Schufa, fest. Die meisten Menschen müssten nach eigener Einschätzung mit weniger Geld auskommen. So habe etwas mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Befragten angegeben, seit Jahresbeginn über weniger Einkommen zu verfügen, geht aus einer Schufa-Verbraucherumfrage hervor.

Der Einzelhandel muss im Weihnachtsgeschäft mit weiteren Hürden rechnen. So hat der Dezember nicht nur zwei Verkaufstage weniger. Und im Tarifkonflikt der Branche hat die Gewerkschaft Verdi angekündigt, die bundesweiten Warnstreiks in der Weihnachtszeit fortzusetzen. Wegen des Krieges in Nahost fürchten die Händler, dass auch große Demonstrationen die Menschen vom Weg in die Innenstädte abhalten könnten. Die Lust darauf ist ohnehin nicht mehr besonders stark ausgeprägt: Laut EY-Umfrage ist nur noch 39 Prozent der Menschen das vorweihnachtliche Einkaufserlebnis in den Innenstädten wichtig – 2019 lag der Anteil noch bei 59 Prozent.

Gekauft wird immer öfter im Internet

Die Mehrheit der Verbraucher sucht die Geschenke nicht mehr beim klassischen Stadtbummel, sondern im Internet. Unverändert beliebt sind vor allem Gutscheine, Spielwaren, Bücher und Kosmetikprodukte. Aber auch die Aussichten beim E-Commerce sind nicht besonders gut. Preisbereinigt erwartet der HDE im Weihnachtsgeschäft ein Minus von 4,3 Prozent im Vorjahresvergleich.

„Wir hoffen, dass das Weihnachtsgeschäft besser wird als erwartet. Entscheidend ist das Bauchgefühl der Menschen“, sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Die Händler setzen dabei auch auf den emotionalen Faktor. Sie wünschen sich, dass Winterwetter, am bestern mit Schnee, festliche Beleuchtung und die Weihnachtsmärkte dazu beitragen, dass die Menschen in die Innenstädte kommen und sich etwas gönnen.

Artikel 5 von 11