Die Häuserpreise in Deutschland sind seit Mitte vergangenen Jahres um rund zehn Prozent gefallen – vor allem wegen massiv gestiegener Zinsen und teurer energetischer Sanierungspflichten. Aber die Preise dürften weiter sinken. Dafür spricht die ungewöhnlich niedrige Zahl an Hausverkäufen. So wurden zuletzt 40 Prozent weniger neue Hypotheken abgeschlossen als vor gut einem Jahr. Da die allermeisten Hauskäufe durch Fremdkapital finanziert werden, deutet dies auf einen massiven Rückgang der Immobilien-Transaktionen hin.
Zum einen orientieren sich viele potenzielle Verkäufer an den Preisen, die sie früher hätten erzielen können. Das gilt umso mehr, als viele laut einer Bundesbank-Umfrage mit mittelfristig wieder steigenden Preisen rechnen. Entsprechend sind sie nicht bereit, beim Verkauf notwendige Preiszugeständnisse zu machen. Zum anderen können viele Kaufinteressenten die früher herrschenden Preise nicht mehr zahlen, weil sich der Zins etwa für Hypothekendarlehen mit zehnjähriger Laufzeit auf rund vier Prozent verdreifacht hat.
Käufer und Verkäufer sind vielfach noch nicht zusammengekommen, und die Häuserpreise sind noch nicht auf das angemessene Niveau gefallen. Aber mit der Zeit werden sich die Ungleichgewichte auflösen. Denn viele Verkäufe können nur begrenzt aufgeschoben werden, wenn man an Scheidungen, Todesfälle oder Umzüge denkt.
Außerdem scheuen viele Hausbesitzer die teure energetische Sanierung von Altbauten. Alles in allem spricht vieles dafür, dass die Preise für Wohnimmobilien in den kommenden Monaten weiter fallen werden.
Einige Überschlagsrechnungen liefern gewisse Anhaltspunkte, wie weit es noch nach unten gehen könnte. So geht die Bundesbank davon aus, dass die Wohnimmobilien im Durchschnitt des Jahres 2022 zwischen 20 und 30 Prozent überbewertet waren. Berücksichtigt man den bisherigen Rückgang der Häuserpreise, so dürfte die Überbewertung gegenwärtig noch bei zehn bis 20 Prozent liegen. Zu einem etwas kleineren Korrekturpotenzial gelangt man, wenn man die Belastung für Hauskäufer aus dem Zinsanstieg durch einen Rückgang der Häuserpreise rechnerisch ausgleicht. Demnach müssten die Preise um weitere fünf bis 15 Prozent fallen, damit die monatliche Belastung der Käufer durch Zins- und Tilgungszahlungen trotz der gestiegenen Zinssätze nicht steigt.
Ein geringeres Abwärtspotenzial berechnet sich, wenn man sich am Verhältnis der Häuserpreise zum durchschnittlichen Haushaltseinkommen orientiert. Kehrte dieses Verhältnis wieder auf den langjährigen Mittelwert zurück, müssten die Häuserpreise um weitere fünf Prozent sinken. Im Durchschnitt legen die drei Überschlagsrechnungen nahe, dass die Häuserpreise in Deutschland noch um zehn Prozent fallen könnten. Damit wäre erst die Hälfte der Korrektur geschafft.
Das hört sich pessimistisch an. Schließlich sind die US-Immobilienpreise zwischen 2007 und 2011 insgesamt ebenfalls um rund 20 Prozent gefallen. Aber damals hatten die US-Banken Darlehen in großem Stil an Arbeitslose oder Käufer ohne Eigenkapital vergeben. Die Risiken wurden in komplexe Wertpapiere transferiert und weltweit an Banken verkauft. Als die US-Immobilienpreise zu fallen begannen, kam es in den USA zu einer Welle von Privatinsolvenzen und zu einer weltweiten Finanzkrise. Aber zum Glück sind Immobilien hierzulande konservativ finanziert, sodass der Rückgang der Häuserpreise anders als damals in den USA nicht in einer Krise münden dürfte.