Anleihen für Anleger wieder attraktiv

von Redaktion

VON GERD HÜBNER

München – Das Tempo der aktuellen Zinswende war rekordverdächtig. Seit Juli 2022 hat die Europäische Zentralbank insgesamt zehn Mal die Zinsen erhöht – von null auf 4,5 Prozent. Die Folgen dieser aggressiven Zinserhöhungen waren erheblich. So verteuerten sich die Kosten für ein zehnjähriges Baudarlehen um mehr als das Vierfache, während es an den Aktienmärkten zu Turbulenzen kam. Zudem stiegen die Zinsen für Festgeldanlagen. Letztere bringen inzwischen wieder bis zu vier Prozent und zum Teil auch mehr.

Parken auf Festgeldkonten

„Fest- oder Tagesgeld eignet sich damit zwar für das Parken von Geld“, sagt Burkhard Wagner von der Partners Vermögensmanagement AG. „Allerdings sollten Anleger immer prüfen, ob das jeweilige Kreditinstitut im Einlagensicherungsfonds und das dort angelegte Geld damit wirklich sicher ist.“ Zudem gelte es zu bedenken, dass man die aktuellen Zinsangebote nur für einen begrenzten Zeitraum bekommt. „Und hohe Festgeldzinsen sind oft nur Lockangebote, um später provisionsträchtigere Geschäfte abzuschließen“, so der Experte weiter. Dass danach die Zinsen wieder niedriger sind, ist nicht auszuschließen. „Angesichts eines möglichen starken wirtschaftlichen Einbruchs und der rückläufigen Inflation kann es schon passieren, dass die Notenbanken in den kommenden zwölf bis 24 Monaten die Zinsen senken“, so Gottfried Urban von der Urban & Kollegen GmbH Vermögensmanagement.

Kupon und Kurs bestimmen Rendite

Deshalb könnten Anleihen, bei denen der Anleger eine laufende Verzinsung in Höhe des Kupons sowie die Rückzahlung am Ende der Laufzeit bekommt, die bessere Alternative sein. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten Ende 2021 bei minus 0,2 Prozent, heute bringen sie fast drei Prozent. US-Staatsanleihen bieten derzeit rund 4,9 Prozent, Unternehmensanleihen guter bis sehr guter Bonität 4,6 Prozent. „Der Vorteil von Anleihen gegenüber Festgeld liegt darin, dass man den Zinskupon für die gesamte Laufzeit bekommt und dass zusätzlich die Chance auf Kursgewinne besteht, wenn die Zinsen sinken“, erklärt Urban. Allerdings sollten Anleger sich mit festverzinslichen Wertpapieren und deren Funktionsweise genau auseinandersetzen. „Zum Beispiel reagiert der Kurs einer Anleihe umso stärker auf Zinsänderungen, je länger die Restlaufzeit ist“, sagt Wagner. So verliert eine zehnjährige Bundesanleihe bis zu zehn Prozent, wenn der Zins um einen Prozentpunkt steigt. Bei einer Anleihe mit zwei Jahren Restlaufzeit würde der Kurs dagegen im gleichen Fall nur rund zwei Prozent nachgeben.

Höherer Zins – höheres Risiko

Der zweite wichtige Punkt neben der Restlaufzeit ist die Bonität, also die Kreditwürdigkeit des Emittenten. Die Höchstnote AAA bei Standard & Poor’s haben Bundesanleihen, die damit als sehr sicher gelten. „Wenn man nun die Bonitätsleiter nach unten geht und Anleihen von Emittenten mit schlechterem Rating kauft, dann bekommt man zwar eine höhere Rendite, das Risiko eines Zahlungsausfalls ist aber ebenfalls größer“, erklärt Urban. „Wir empfehlen derzeit vor allem sichere Staatsanleihen sowie Unternehmensanleihen aus dem Investment-Grade-Bereich, also solche mit einem guten bis sehr guten Rating“, erklärt Wagner. „Wobei aktuell insbesondere kürzere Laufzeiten interessant sind, weil sie derzeit höhere Zinsen bringen als Anleihen mit mittlerer bis langer Laufzeit und man überschaubare Bonitätsrisiken eingehen kann“, ergänzt Urban.

ETF auch bei Anleihen zu empfehlen

Gerade bei Unternehmensanleihen, die von großen Konzernen wie BMW oder Mercedes begeben werden, ist jedoch der Erwerb einzelner Titel schwierig. Während Bundesanleihen eine Stückelung von 100 Euro aufweisen, kann diese bei einer Unternehmensanleihe schon bei 100 000 Euro liegen. „Damit ein breit gestreutes Portfolio aufzubauen, ist kaum möglich“, so Wagner. „Aber es gibt Exchange Traded Funds oder Fonds sowie inzwischen auch Anleihe-ETFs mit fester Laufzeit, mit denen sich dort investieren lässt.“

Wer mehr Rendite möchte, muss größere Bonitätsrisiken eingehen. So bieten Hochzinsanleihen aus dem Euroraum derzeit über acht Prozent, bei Schwellenländeranleihen sind es zwischen acht und etwa elf Prozent. Allerdings bei deutlich höheren Ausfallrisiken. „Kommt es zu einer Rezession, dann ist die Wahrscheinlichkeit im Hochzinsbereich größer, dass ein Emittent insolvent wird und seine Anleihe nicht mehr bedienen kann“, warnt Urban. „Außerdem muss man bedenken, dass es bei exotischeren Anleihen in schwierigen Marktphasen zu Liquiditätsproblemen kommen kann.“ Hochzins- und Emerging-Market-Anleihen sollten immer nur eine Beimischung sein. Für den Kern eines Anleiheportfolios eignen sich insbesondere Bundesanleihen. Denn diese können gerade in turbulenten Marktphasen auch eine Absicherung gegenüber risikoreicheren Anlagen wie Aktien bieten.

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