Streit um Glöckchen des Weihnachtsmanns

von Redaktion

VON CLAUDIA MÖLLERS

München/Straßburg – Sie stehen in den Supermärkten in Reih und Glied bereit – rote Schokoladen-Weihnachtsmänner mit dem goldenen Band um die Hüfte, an dem das unverwechselbare Glöckchen baumelt. Geht es nach der EU-Kommission, hat der Lindt-Santa bald ausgebimmelt. Glöckchen und Band sind nach ihrer Überzeugung verzichtbar und produzieren nur unnötigen Müll.

190 Kilo Verpackungsmüll verursacht jeder Bürger in Europa pro Jahr, allein 41 Kilo Plastikverpackungsabfall produzierte jeder Verbraucher in Deutschland im Jahr 2021. Höchste Zeit, gegenzusteuern, finden auch die bayerischen CSU-Europaabgeordneten Angelika Niebler (Ebersberg) und Christian Doleschal (Brand/Oberpfalz). Trotzdem haben sie eine Reihe von Änderungsvorschlägen zu der neuen Verpackungsverordnung eingebracht, die heute im Parlament in Straßburg diskutiert wird. Sie wollen einen großen Wurf – und wehren sich gegen eine Fülle von Detailregelungen. „Es gibt viele Punkte, die beim Verbraucher nur Kopfschütteln ernten werden“, so Doleschal. Die Span-Schachtel für den Camembert steht ebenso auf der Kippe wie die kleinen Duschgel-Fläschchen im Hotel-Bad oder Folien für importierte Gurken aus Griechenland und Spanien. Statt sich im Kleinklein zu verlieren, solle sich die Kommission lieber auf einen großen Wurf konzentrieren, findet Niebler. „Dass ab 2030 alle Verpackungen recycelungsfähig sein müssen, ist ein guter Vorschlag“, lobt sie. Ebenso befürwortet sie, dass die Rücknahme- und Pfandsysteme europaweit ausgebaut werden sollen. Aber als Berichterstatterin der EVP-Fraktion im mitberatenden Industrieausschuss kritisiert sie den geplanten Vorrang von Mehrwegsystemen vor dem Recycling: „Es gibt keine Studien, die besagen, dass Wiederverwertung besser ist.“ Das würde der Kreislaufwirtschaft einen Bärendienst erweisen, warnt sie und fordert, dass zuerst der ökologische Fußabdruck der Wiederverwertung nachgewiesen werden müsse.

Beim geplanten Verbot von Folien für Gurken und Brokkoli sei zu bedenken, dass die Haltbarkeit bei verpackten Lebensmitteln dreimal länger sei. Aufregung gibt es auch um Zucker- und Gewürztütchen in der Gastronomie. Nach Riesenprotesten in der deutschen Brauwirtschaft konnte bereits verhindert werden, dass Milliarden von Flaschen vernichtet werden müssen. Die EU-Kommission wollte nämlich den Mehrweg-Hinweis in die Flasche einschmelzen lassen. Bisher ist das auf den Etiketten vermerkt – und das reicht in Zukunft weiterhin zur Erleichterung der Brauer. Auch die Döschen für die Kaffeemilch, die verboten werden sollten, wird es weiter geben.

Was mit dem Glöckchen des Weihnachtsmannes wird, entscheidet sich bei der Debatte. Vielleicht sollte man auch darüber reden, wie viele Schoko-Männer gar nicht verputzt werden, sondern nach Weihnachten im Müll landen. Zumindest wäre das ein Gewinn für die schlanke Linie.

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