München – „Der Wohnungsbau befindet sich in einer tiefen Krise, mit einem besorgniserregenden Rückgang von rund 30 Prozent bei den Baugenehmigungen im September“, sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe, gestern im Vorfeld der Bauministerkonferenz. Seit 16 Monaten sänken die Baugenehmigungszahlen kontinuierlich, hinzu kämen eine beispiellose Stornierungswelle und hohe Zinsen. Die Bundesländer forderte Pakleppa auf, Bürokratie abzubauen, Grundstücke bereitzustellen und Bauordnungen zu harmonisieren, um den Wohnungsbau zu stützen.
Durch die Haushaltsprobleme in Berlin bestehe zudem die Gefahr, dass Förderprogramme zusammengestrichen werden müssten. Angesichts des Milliardenlochs im Bundeshaushalt brauchten Investoren nun rasch Klarheit über die Rahmenbedingungen der nächsten Jahre, forderte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes, Wolfgang Schubert-Raab, gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“. Sollten Förderungen zusammengestrichen und die Bedingungen noch schlechter werden, werde der Wohnungsbau auf Jahre einbrechen. „Geht der Einbruch im Wohnungsbau so weiter, steht uns im nächsten Jahr nicht nur eine Insolvenzwelle bevor, sondern auch der Verlust von rund 100 000 Arbeitsplätzen“, sagte Schubert-Raab. Bis September seien rund 77 000 Wohnungen weniger genehmigt worden als im Vorjahreszeitraum. Dazu komme eine Stornierungswelle.
Der Vorsitzende der IG Bau, Robert Feiger sagte der Zeitung: „Noch stehen Aufträge in den Büchern, aber der Bestand läuft auch irgendwann leer.“ Die Gewerkschaft fordere ein „Sondervermögen“ von 50 Milliarden Euro für den Bau von Sozialwohnungen. Weitere 22 Milliarden Euro wären erforderlich, um auch für Normalverdiener erschwingliche Wohnungen zu erstellen, sagte Feiger.
Der bayerische Bauminister Christian Bernreiter (CSU) sagte mit Blick auf die Bauministerkonferenz: „Unser Ziel muss sein, den Totalabsturz der Bau- und Wohnungsbranche zu verhindern.“
Besorgniserregende Zahlen lieferte zuletzt auch der Kreditversicherer Allianz Trade. Die Zinswende und die stark gestiegenen Materialkosten hätten bereits eine Pleitewelle im Bau- und Immobiliensektor ausgelöst. Schon 2022 hätten die Pleiten im deutschen Bau- und Immobiliengewerbe um acht Prozent zugenommen – und im bisherigen Jahresverlauf bis einschließlich August 2023 bereits um 20 Prozent, berichtete die Tochter des Versicherungsriesen Allianz unlängst. „Viele Bauprojekte liegen mit höheren Zinsen und Materialkosten auf Eis – mit sichtbaren Folgen für Projektentwickler, Bauunternehmen und vor allem den Wohnungsmarkt“, sagte der Chef des Kreditversicherers im deutschsprachigen Raum, Milo Bogaerts. Mittelständler seien oft am härtesten betroffen. „Gerade die vielen mittelständischen Unternehmen sind als Subunternehmer oft in einer Art Sandwichposition mit geringer Preissetzungsmacht gegenüber großen Auftraggebern.“