Betrachtet man die Börsenwoche, so steht der Deutsche Aktienindex Dax gar nicht so schlecht da. Dennoch hat sich Gravierendes ereignet. Mit Bayer ist eines der weltweit wichtigsten deutschen Unternehmen im Kurs abgestürzt. Wieder mal ist ein Schwergewicht des Dax 40 unter die Räder gekommen.
Der Dax gilt seit seinem Start 1988 als Repräsentant der großen Aktiengesellschaften Deutschlands. Eine inzwischen 35-jährige Geschichte – und es ist eine Geschichte des Scheiterns.
Von den Gründungsmitgliedern 1988 sind nur noch zwei Unternehmen heute im Index vertreten: Mercedes-Benz sowie Eon – und auch diese beiden Unternehmen hatten oder haben ihre Probleme. Man erinnere sich an die hohen Verluste, die Mercedes aufgrund der „Hochzeit im Himmel“ mit Chrysler zu erleiden hatte oder den Umstand, dass der Unternehmenswert von Eon heute auf ein Viertel seiner früheren Bewertungen geschrumpft ist. Mercedes war unter der damaligen Bezeichnung Daimler-Benz von 1988 bis 1999 sogar das wertvollste Unternehmen im Dax. Später übernahmen diese Rolle in zeitlicher Reihenfolge die Deutsche Telekom, Siemens und seit 2018 SAP. Sich Verluste in den USA einzuhandeln, durchzieht die Geschichte des Dax wie ein roter Faden. Unternehmen wie die Münchener Rück verhoben sich mit dem Kauf der American Re, Volkswagen musste in den USA über 20 Milliarden US-Dollar Rekordstrafen für Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren zahlen und selbst das sind noch Peanuts im Vergleich zu den Verlusten, die unsere Banken über Geschäfte mit US-Hypothekenpapieren 2007 bis 2009 nach Deutschland importierten – bis hin zum Zusammenbruch der Hypo Real Estate.
Betrachtet man die Probleme von Bayer, dann lässt sich das Desaster am Kauf des US-Unternehmens Monsanto 2012 für 63 Milliarden Dollar festmachen. Bayer war damals mit knapp 90 Milliarden Euro bewertet, nach dem Einbruch an der Börse letzte Woche liegt die Bewertung unter 35 Milliarden Euro.
Aber genug der schlechten Stimmung, es ist Zeit für die Auflösung der Geschichte. Wer seit dem Start 1988 im Dax investiert war, konnte im Schnitt acht Prozent Rendite pro Jahr erwirtschaften –allen Katastrophen zum Trotz. Gestartet ist der Dax bei 1000 Punkten und heute pendelt er um die 16 000 Punkte.
Eine Rendite von acht Prozent im Jahr liefert aufgrund des Zinseszinseffekts langfristig ein exponenzielles Vermögenswachstum. Es war offensichtlich doch nicht alles schlecht, denn im Großen und Ganzen hat es die deutsche Wirtschaft bei allen Turbulenzen über die Jahrzehnte geschafft, in der Weltwirtschaft ganz vorne mitzuspielen. Hoffen wir jetzt für die deutsche Wirtschaft, dass auch Bayer wieder die Kurve bekommt. Und dann bräuchten wir eigentlich nur noch einen radikalen Wechsel in der deutschen Energie- und Wirtschaftspolitik – und schon könnte man optimistisch auf das Jahr 2024 blicken.