Berlin – Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat bereits nach der zweiten Gesprächsrunde mit der Deutschen Bahn die Tarifverhandlungen für gescheitert erklärt. Zugleich kündigte sie neue Warnstreiks an.
Mit der Arbeitgeber-Seite seien aktuell keine Kompromisse zu finden, sagte GDL-Chef Claus Weselsky. Genaue Termine für mögliche Warnstreiks nannte er zunächst nicht. Die Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern über unbefristete Streiks läuft noch, das Ergebnis wird Ende Dezember erwartet. Wenn 75 Prozent der Abstimmungsteilnehmer unbefristeten Arbeitskämpfen zustimmen, darf die GDL auch dieses Druckmittel im Tarifstreit einsetzen. Bereits vor einer Woche legte die GDL große Teile des Zugverkehrs bundesweit mit einem 20-stündigen Warnstreik lahm.
Bei den Tarifverhandlungen im Mittelpunkt steht derzeit die Forderung der GDL nach einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich. DB-Personalvorstand Martin Seiler hält die Forderung für nicht umsetzbar. Bei weniger Wochenarbeitszeit brauche es mehr Beschäftigte – die in Zeiten des Fachkräftemangels kaum zu finden seien. GDL-Chef Weselsky geht dagegen davon aus, dass mit einer geringeren Wochenarbeitszeit die Berufe bei der Bahn attraktiver werden. Neben der Arbeitszeitsenkung fordert die GDL unter anderem 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie für die Beschäftigten. Die Bahn hat bisher eine elfprozentige Entgelterhöhung bei einer Laufzeit von 32 Monaten sowie die geforderte Inflationsausgleichsprämie angeboten.
Zudem will die GDL ihren Einflussbereich bei der Bahn ausweiten und Tarifverträge für Infrastruktur-Bereiche aushandeln. Die Bahn lehnt das ab, weil die GDL in diesen Bereichen kaum vertreten sei.
Die GDL versucht seit Beginn des Tarifstreits, mit Streikandrohungen und dem Start der Urabstimmung den Druck auf die Bahn hoch zu halten. Die Verhandlungen nun nach zwei Wochen für gescheitert zu erklären, bedeutet die nächste Eskalationsstufe. Ein Ausweg aus der aktuellen Lage könnte eine Schlichtung sein, also Verhandlungen mit einem oder mehreren Vermittlern. Die Bahn hatte ein solches moderiertes Vorgehen schon vor Beginn der ersten Verhandlungsrunde vorgeschlagen. Weselsky lehnte den Vorschlag damals ab. Er bekräftigte, dass er auch jetzt für eine Schlichtung „keinen Raum“ sehe.
„Die Lokführergewerkschaft will mit dem Kopf durch die Wand. Das geht bekanntlich nicht gut“, sagte Seiler nach Verhandlungsabbruch. „Wer nach dem zweiten Termin bereits das Scheitern erklärt und vor dem zweiten Termin bereits die Urabstimmung einleitet -– da sieht man schon sehr deutlich, wie viel Raum denn für Lösungen gegeben wird. Eigentlich so gut wie gar nichts.“
Die von der GDL ausgehandelten Tarifverträge werden bei der Bahn für etwa 10 000 Beschäftigte angewendet. Sie ist damit die deutlich kleinere Arbeitnehmervertretung – zum Vergleich: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG verhandelte neue Tarifverträge für etwa 180 000 DB-Beschäftigte.