„Haushaltskrise darf keine Investitionskrise werden“

von Redaktion

München – Die bayerische Baukonjunktur steht nach Einschätzung des Landesverbandes Bayerischer Bauinnungen (LBB) vor einem kräftigen Abschwung. „Die Lage in der bayerischen Bauwirtschaft ist ernst“, sagte Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des Landesverbandes Bayerischer Bauinnungen, gestern in München. Die hohe Investitionsquote Bayerns müsse auch in der aktuellen Krise beibehalten werden. Nur mit einer funktionierenden Infrastruktur werde man die Herausforderungen der Wohnungsbau- und Industriepolitik, des Klimawandels und der Energiewende bewältigen können. „Deshalb darf aus der aktuellen Haushaltskrise keine Investitionskrise werden“, sagte er.

Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das der Bundesregierung untersagt hat, ungenutzte Kreditermächtigungen aus der Corona-Pandemie in den Klima- und Transformationsfonds zu verschieben. In der Folge fehlen dem Bund 60 Milliarden Euro, die unter anderem für Investitionen eingeplant waren. Inwieweit das Urteil Folgen für den Haushalt des Freistaats Bayern hat, ist noch unklar.

Die Krise in der Baubranche hatte aber schon früher begonnen: Während der Corona-Pandemie hatten gestörte Lieferketten die Rohstoffpreise steigen lassen. Nach Beginn des Ukraine-Krieges sahen sich Baufirmen mit hohen Energiekosten konfrontiert. Im Sommer 2022 re-agierte die Europäische Zentralbank (EZB) auf die hohe Inflation und erhöhte im Rekordtempo die Zinsen. Für private Bauherren und für professionelle Immobilien-Investoren verteuerten sich Kredite, Bauprojekte wurden verschoben oder storniert.

Wie Schubert-Raab erläuterte, ist von der Krise insbesondere der Wohnungsbau betroffen und weniger der Straßenbau, der sonstige Tiefbau oder das Ausbaugewerbe. Denn im Wohnungsbau gibt es spezifische Probleme: Schubert-Raab nannte neben hohen Zinsen und teuren Rohstoffen fehlende staatliche Förderinstrumente, fehlendes Bauland sowie teure Bauauflagen. Die Folge: Von Januar bis September 2023 sind im Freistaat nur 42 740 Wohnungen genehmigt worden – 30,1 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Wie aus einer Umfrage unter Mitgliedsunternehmen des Verbandes hervorgeht, beurteilen im Wohnungsbau aktuell nur noch 36 Prozent der Firmen ihre Lage als befriedigend bis gut – im Herbst 2022 waren es noch 84 Prozent. Für das kommende Halbjahr gehen drei von vier befragten Wohnungsbaufirmen von weiter sinkenden Aufträgen und Umsätzen aus.

Schubert-Raab verwies auf Zahlen des ifo-Instituts, wonach im kommenden Jahr deutschlandweit mit der Fertigstellung von 210 000 Wohnungen zu rechnen sei, nach geschätzt 235 000 Wohnungen in diesem Jahr. Bei ihrem Amtsantritt hatte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) die Fertigstellung von jährlich 400 000 Wohnungen angepeilt. Schubert-Raab betonte, dass in der Baubranche nach wie vor die Kapazitäten vorhanden seien, um jedes Jahr 400 000 Wohnungen zu bauen. Aber ohne staatliche Investitionen und einen massiven Bürokratieabbau wird das seiner Ansicht nach nicht gehen. SEBASTIAN HÖLZLE

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