Schufa-Scoring steht ab morgen wieder vor Gericht

von Redaktion

VON BJÖRN HARTMANN

Luxemburg/München – Wieder einmal die Schufa: Am morgigen Donnerstag beschäftigt sich der Europäische Gerichtshof mit Scoring-Werten und der Praxis, wie Firmen sie einsetzen. Die Frage: Entscheidet der Score darüber, ob jemand zum Beispiel einen Kredit bekommt?

Je nach Urteil hätte das weitgehende Folgen für Verbraucher. Die Schufa berechnet aus bis zu 100 verschiedenen Daten, wie wahrscheinlich es ist, dass jemand einen Kredit zurückzahlt, einen Mobilfunkvertrag bedient oder etwas online Bestelltes auch bezahlt. Der sogenannte Score gibt an, wie zahlungsfähig eine Person ist. Der Wert kann zwischen 0 und 100 liegen. 97 gibt eine hohe Bonität an, 50 eine eher schlechte. Es gibt mehr als 160 verschiedene Scores, der wichtigste ist der Bankenscore. Mehr als 10 000 Firmen fragen solche Bewertungen bei der Schufa ab, um einschätzen zu können, ob sie ein Geschäft mit einem Kunden machen wollen. Viele Abfragen laufen inzwischen standardisiert. Täglich sind es bei der Schufa etwa 300 000, an Spitzentagen wie dem Online-Rabatttag Black Friday auch bis zu einer Million. Die Schufa hat über die Jahre Daten von rund 68 Millionen Bundesbürgern und sechs Millionen Firmen gesammelt. Am Donnerstag entscheidet der EuGH, ob Scoring mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung vereinbar ist. Geregelt ist dort zum Beispiel, dass nicht automatisch entschieden werden darf, wenn es rechtliche Folgen für die Menschen hat.

Der Generalanwalt am EuGH hat im März bereits erklärt, dass der Score der Schufa nicht maßgeblich sein darf, wenn ein Unternehmen über einen Vertrag entscheidet. Das Gericht muss sich nicht an das Plädoyer des Generalanwalts halten, folgt ihm aber in der Regel.

Dass eine Bank für einen Onlinekredit den Schufa-Score abfragt – was in der Regel automatisch geschieht – und dann sofort je nach Höhe für oder gegen den Kunden entscheidet, wäre dann rechtlich nicht korrekt. Werden neben dem Score noch zahlreiche andere Kriterien genutzt, wäre es zulässig.

Es kommt also auf das Verhalten der Unternehmen an, die die Scores nutzen. Das Urteil zielt zunächst auf die Kunden der Schufa, die einen Score nutzen: Banken, Mobilfunkfirmen, Onlinehändler. Es könnte aber auch Folgen für die Schufa selbst haben. Denn wenn Firmen den Score automatisch als maßgebliches Kriterium nutzt, um einen Vertrag mit einem Kunden zu schließen, müsste der Kunde auch verstehen, wie der Score-Wert zustande kommt. also welche Daten einfließen und mit welchem Gewicht. Informationen, die die Schufa nicht preisgeben will – Geschäftsgeheimnis.

Genau darum ging es einem Kunden, dem eine Bank mit Hinweis auf den Schufa-Score einen Kredit verweigerte. Auf Nachfrage lieferte die Schufa dem Mann zwar seinen Score-Wert, nicht aber, wie er zustande gekommen war. Der Mann klagte gegen den hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, die Aufsichtsbehörde der Schufa. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden legte den Fall dann dem EuGH vor.

In einer eigenen Umfrage bei ihren Kunden hat die Schufa inzwischen abgefragt, wie sie mit den jeweiligen Scores umgehen. Das Ergebnis: Im Wesentlichen ist ein Score nur eines von vielen Kriterien. Es gibt demnach wenig Probleme. Süddeutsche Zeitung und NDR dagegen ermittelten in einer eigenen Umfrage, dass etwa Energieversorger stark auf den Score vertrauen und gut bewerteten Kunden günstigere Verträge bieten. Jedenfalls bereitet sich die Auskunftei auf das EuGH-Urteil vor. Sie arbeitet jetzt darauf hin, dass das deutsche Bundesdatenschutzgesetz geändert wird und die bestehende Praxis weiter ermöglicht. Sonst sollen diejenigen, die zum Beispiel einen Kredit beantragen oder einen Mobilfunkvertrag abschließen, der Praxis schriftlich zustimmen.

Die Schufa

Die Schufa wurde 1927 als Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung gegründet und ist die größte Auskunftei in Deutschland. Sie gehört zu jeweils mehr als einem Viertel den Genossenschaftsbanken und den Sparkassen. Den Rest halten vor allem Geschäftsbanken. Das Unternehmen beschäftigt rund 900 Mitarbeiter und setzte 2022 rund 267 Millionen Euro um. Scoring macht 13 Prozent des Geschäfts aus.

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