Aktienmärkte: Festtagsstimmung mit Misstönen

von Redaktion

Kurz vor dem Jahresende haben diese Woche rund um den Globus die Gremien der Zentralbanken getagt. Dabei standen weniger die Zinsentscheidungen im Fokus (Fed, EZB, BoE und SNB haben die Zinsen wie erwartet unverändert belassen), sondern der Ausblick auf das kommende Jahr. Besonderes Augenmerk haben dabei die Marktteilnehmer auf die Zinsprojektionen der einzelnen Fed-Mitglieder, dem „dot-plot“, gelegt.

Nachdem noch im September die Mehrheit der Geldpolitiker einen weiteren Zinsschritt erwartet hatte, geht sie jetzt im Mittel von Zinssenkungen um 75 Basispunkte bis Ende 2024 aus; bis 2026 rechnet eine breite Mehrheit mit einem Leitzinsniveau von etwa drei Prozent.

Die Fed hielt damit am Szenario einer äußerst sanften Landung der US-Wirtschaft fest und schob verbleibende Inflationsrisiken klar in den Hintergrund. Chairman Powell zog auf der Pressekonferenz dabei eine positive Zwischenbilanz mit Blick auf die Konjunktur- und Inflationsentwicklung der vergangenen Monate. Und anstatt auf Aufwärtsrisiken der Inflation hinzuweisen, warnte er nun davor, dass eine zu lange restriktive Haltung negative Effekte haben könnte.

Powells Einschätzungen kulminierten in einer Fortsetzung der kräftigen Markt-Rallye mit einem weiteren Rückgang der Rendite für zehnjähriger US-Anleihen und steigende Aktienkurse. Eine Adjustierung der aus unserer Sicht übertriebenen Zinssenkungserwartungen für die Fed von 150 Basispunkten blieb dabei aus. In einem Umfeld von zuletzt ebenfalls stärker als erwartet sinkenden Inflationsraten wuchs dabei die Hoffnung, dass sich die EZB ebenfalls für schnelle Zinssenkungen erwärmen könnte.

Dem stemmte sich die EZB jedoch entgegen und beharrte auf der bekannten Linie, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen sei. Obwohl die EZB die jüngsten Inflationsentwicklungen begrüßt, sieht sie weiter Aufwärtsrisiken, vor allem wegen höherer Lohnstückkosten. Die neuen Projektionen des EZB-Stabes untermauern dieses Bild mit Inflationsprognosen, die für 2023 und 2024 spürbar abgesenkt wurden, aber für die mittlere Frist nicht angetastet wurden.

In der Pressekonferenz stellte Präsidentin Lagarde zudem mehrmals fest, dass die Projektionen des EZB-Stabs auf Daten vor dem jüngsten Rückgang der Marktzinsen basieren. Und sie betonte, dass die EZB mehr Daten sehen muss, die belegen, dass die unterliegende Inflation wirklich auf dem Rückzug ist. Mit diesen Äußerungen konnte sie die Markterwartungen auf einen ersten Zinsschritt bereits im März 2024 deutlich korrigieren, was kurzfristig auch zu einem Anstieg der längerfristigen Zinsen und fallenden Aktienkursen führte. Allerdings wird am Markt für Ende 2024 weiterhin ein Zinsrückgang um 150 Basispunkte erwartet.

Entgegen unserer ursprünglichen Erwartung haben die Zentralbanken, allen voran die Fed, die Euphorie der Märkte, dass die Inflation weitgehend gebändigt sei und daher die Zinsen wieder schnell gesenkt werden können, nicht gebremst. Wir bleiben beim Thema Inflationsrückgang jedoch vorsichtig und gehen davon aus, dass nach dem deutlichen Rückgang seit Mitte 2023 die Inflationsraten in den kommenden Monaten auf einem weiterhin erhöhten Niveau verharren werden und es keine klaren Entlastungszeichen von der Lohnseite gibt. Diese Daten werden aus unserer Sicht die Zentralbanken dazu veranlassen, die Zinsen länger auf dem jetzigen Plateau zu belassen. Wir gehen daher von einer Korrektur der Markterwartungen für die Fed- und EZB-Zinsen im ersten Quartal 2024 aus, die zu vorübergehend steigenden längerfristigen Renditen und sinkenden Aktienkursen führen dürften.

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