Nürnberg – Die deutschen Hopfenpflanzer haben dieses Jahr eine unterdurchschnittliche Ernte eingefahren und sehen den Grund im Klimawandel. Verbandspräsident Adi Schapfl sagte, die Ernte sei zwar gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent auf über 41 000 Tonnen gestiegen. Die Menge und die nach Alphasäuren bemessene Qualität lägen aber unter dem langjährigen Durchschnitt. Schuld sei der zu trockene Juli.
Lennart Heselhaus arbeitet für den weltgrößten Hopfenhändler Barth Haas und leitet dort dessen Versuchsbrauerei. Der Experte weiß, dass solche Ernten im Licht des Klimawandels das neue Normal sein dürften. Es ist die zweite schlechte Ernte in Folge. Hitze und Trockenheit machen traditionellen Hopfensorten stark zu schaffen. Etwa zehn Jahre habe es gedauert, neue, trockentolerante Hopfensorten zu züchten, die damit ohne große Ertragsschwankungen zurechtkommen, erklärt der Experimentalbrauer. Daraus habe man in Partnerschaft mit der Brauerei Rittmayer nun ein Zukunftsbier gebraut.
„Wir nennen es Beer for Future, das steht auch auf dem Etikett“, sagt Georg Rittmayer. Für eine fränkische Familienbrauerei mag das ein ungewöhnlicher Name sein. Aber er wolle offen damit umgehen, dass neue Hopfensorten in seinem Gerstensaft sind, bekennt der Brauereichef. Auch das steht auf dem Etikett, was Risikobereitschaft signalisiert. Denn Hopfen ist neben Malz der Hauptgeschmacksträger von Bier. Wechselt man den Hopfen aus, ändert sich erst einmal der Geschmack und das mag der deutsche Biertrinker erfahrungsgemäß nicht.
Deshalb sollten neue Hopfensorten tunlichst so kombiniert werden, dass sie bestehenden Geschmacksnoten nahe kommen. „Nachbrauen“ nennt Heselhaus diesen Vorgang. „Die Kunst des Brauens ist es, bei jedem Sud ein immer gleiches Ergebnis hinzubekommen“, erklärt er. Gut zehn neue Hopfensorten stünden dabei in Deutschland aktuell zur Verfügung. Weltweit sei es etwa das Doppelte.
Im Zusammenspiel mit der Familienbrauerei aus Hallerndorf nördlich von Nürnberg sei das Nachbrauen auf Anhieb ganz gut gelungen. „Wir haben unser Landbier imitiert“, sagt Rittmayer stolz. Das Helle sei die Hauptsorte seiner 1422 gegründeten Traditionsbrauerei mit etwa 50 000 Hektoliter Bierausstoß jährlich. Drei Monate habe es gedauert, das mit neuen Hopfensorten zu schaffen, ergänzt Heselhaus. Das sei schon relativ flott gewesen. „Aber binnen eines halben Jahres können wir damit jedes Bier nachbrauen“, schätzt der Hopfenexperte.
Beim Endverbraucher sei das Echo auf das „Beer for Future“ auch im direkten Vergleich mit dem traditionellen Landbier positiv gewesen, versichert Rittmayer jedenfalls. „Bei einem Blindtest konnten Stammkunden die zwei Biere nicht auseinanderhalten“, sagt er. Geschmacksunterschiede und potenzielle Probleme mit dem Verbrauchergeschmack stünden damit der Verwendung neuer Hopfensorten nicht entgegen. Aber es gibt noch andere Akteure. „Hopfenpflanzer würden die neuen Sorten sehr gerne verwenden“, benennt Heselhaus einen weiteren davon. Denn die Rohstofflieferanten könnten mit den Hopfeninnovationen darauf vertrauen, dass ihre Ernten ertragreicher und insgesamt kalkulierbarer bleiben. Zeitlich sei ein Umstieg zudem überschaubar.
Vier bis fünf Jahre dauere es, bis ein Pflanzer seinen Hopfen von alten auf neue Sorten umgestellt habe. Das Akzeptanzproblem liegt aber anderswo. „Die Neuzüchtungen müssen auch bei den Brauern gut ankommen“, betont Barth-Haas-Geschäftsführer Thomas Raiser. Und die sind häufig skeptisch. „Brauer sind ziemlich konservativ“, räumt Rittmayer ein.
Die meisten bräuchten jemanden, der vormacht, dass etwas Neues auch funktioniert. Er selbst will jedenfalls nach und nach sein gesamtes aus 15 Bieren bestehendes Sortiment auf neuen Hopfensorten umstellen. „Der Brauer muss mit der Zeit gehen“, findet der Hallerndorfer und will auch Kollegen zum Umdenken anregen.
Anschubhilfe leisten schon im ureigenen Interesse eines Hopfenhändlers möchte zudem Barth Haas. „Wir wollen unsere Kunden beraten, wie sie auch mit den neuen, widerstandsfähigen Hopfensorten den gewohnten Geschmack ihrer Biere erzielen können“, sagt Raiser mit Blick auf die hauseigene Versuchsbrauerei.
„Teurer wird Bier dadurch nicht“, versichert dessen Chef Heselhaus. Bleibe man traditionellen Hopfensorten treu, seien in Zukunft jedoch große und unkalkulierbare Ernteschwankungen bei Menge sowie Qualität vorprogrammiert. „Bislang sind es aber vor allem noch kleinere Brauer, die sich trauen, neue Hopfensorten auszuprobieren“, weiß auch Heselhaus. Großbrauer hätten zu oft noch Bedenken, dass Verbraucher vielleicht doch einen Unterschied schmecken und abwandern. Lange wird der Klimawandel derartige Zurückhaltung aber wohl nicht mehr erlauben.