Zürich – Es gibt sie weiterhin, die gemütlichen Skihütten in der Schweiz. Fondue, Raclette und andere Köstlichkeiten laden dort zum Ausklang schöner Tage auf den Brettern ein. Aber unter der Oberfläche vollziehen sich tektonische Verschiebungen. Allen voran steht die Übernahme der beiden großen Skigebiete in Andermatt und Crans-Montana durch die Vail Resorts aus den Vereinigten Staaten, der Nummer eins im globalen Skizirkus.
Die weiteren Stichwörter lauten dynamische Preissysteme, Bau und Ausbau höher elegener Lifte und Bahnen sowie Angebote, die auch bei Schneemangel locken.
Zuletzt hatte sich Vail Resorts das Walliser Skigebiet Crans-Montana einverleibt. Knapp 120 Millionen Franken (rund 126 Millionen Euro) zahlte der Konzern dem tschechischen Immobilieninvestor Radovan Vitek, der sich mit der Gemeinde zerstritten hatte. Jetzt sollen Lifte und Abfahrten mit 30 Millionen Franken über fünf Jahre aufgemöbelt werden. Die Investitionen drängen und versprechen zugleich reichen Lohn, wird doch 2027 die Ski-WM dort stattfinden.
Zuvor hatte Vail-Resorts-Lenkerin Kirsten Lynch im März 2022 in Andermatt am Gotthard zugeschlagen. Für knapp 150 Millionen Franken erhielt sie von dem ägyptischen Großinvestor Samih Sawiris rund 55 Prozent am noch jungen Skigebiet Andermatt-Sedrun. Sawiris konzentriert sich seitdem auf sein Spezialgebiet Ferienimmobilien, dies nicht zuletzt in der von ihm aus dem Dornröschenschlaf geweckten Gotthard-Region.
Die Bedeutung der Avancen der Amerikaner in Sachen Ski und Snowboard reichen über die Schweiz hinaus. Erklärtermaßen wollen sie in Europa noch an anderen Orten Fuß fassen. Ob nur in den Alpen oder vielleicht auch in Skandinavien, ist eine 1000-Dollar-Frage für Touristiker.
Die Mittel dazu hat Vail Resorts. Der börsennotierte Konzern hat kürzlich für das Geschäftsjahr 2022/23 knapp 2,9 Milliarden Dollar Umsatz und 268 Millionen Dollar Reingewinn gemeldet. Im Gegensatz dazu ist die Branche in der Schweiz zersplittert und darbt vielerorts vor sich hin. Regelmäßig wird der Ruf nach Staatshilfen laut. Das macht die Eidgenossenschaft zu einem idealen Einfallstor für Konzerne wie Vail Resorts mit ihren knapp 7200 Mitarbeitern. Crans-Montana soll ab 2024/25 zum Konzernverbund der Amerikaner gehören.
Befürchtet wird aber ein kräftiger Anstieg der Ticketpreise durch die renditehungrigen Investoren. Auf ihren 40 Anlagen in den USA, Kanada und Australien reichen die Tagespreise bis zu 250 Dollar. Unabhängig davon gehen immer mehr Skigebiete in dem stagnierenden Schweizer Markt zu „dynamischen“ Preismodellen über. Sie variieren diese je nach Andrang der Freizeitsportler und der Bereitschaft zu Vorausbuchungen. Dahinter steht ebenfalls der Drang nach höheren Einnahmen: Die Aufschläge zu Spitzenzeiten sollen die Rabatte an schwachen Tagen mehr als wettmachen.
Noch mehr ins Auge stechen die Investitionsoffensiven zahlreicher Bergbahnen. Die Jungfraubahn AG ist hier das Maß der Dinge. Mit einer mehr als eine halbe Milliarde Franken teuren Bahn verkürzt sie seit 2020 die Fahrzeit auf das Jungfraujoch – vermarktet als „Top of Europe“ – um 47 Minuten.
Im Juli dieses Jahres nahm ein neues Prestigeprojekt am Matterhorn seinen Betrieb auf. Die Gondelbahn „Alpine Crossing“ verbindet Zermatt mit Cervinia in Italien. Das verspricht erweiterten Fahrspaß. Das eigentliche Objekt solcher Kraftanstrengungen ist indes ein anderes: Sie zielen auf betuchte Besucher nicht zuletzt aus Asien und Amerika. Dies das ganze Jahr hindurch. Der Wintersport ist nur noch ein Nebenaspekt.
Renditehungrige Investoren in Europa unterwegs
In US-Anlagen kosten Tagestickets bis zu 250 Dollar