Die Lieferkette fest im Griff

von Redaktion

VON MATTHIAS SCHNEIDER

Kirchheim – Deutsche Ingenieurskunst gepaart mit wettbewerbsfähiger Fertigung im Ausland: Leicher Engineering aus Kirchheim ist für die herausragende Beherrschung seiner Lieferketten mit dem bayerischen Exportpreis ausgezeichnet worden, den das bayerische Wirtschaftsministerium, die Handwerkskammern, der bayerische Industrie- und Handelskammertag und Bayern International alljährlich verleihen. „Wir entwickeln und gestalten kundenspezifische Baugruppen für Industrieunternehmen“, erklärt Christoph Leicher, Geschäftsführer der Firma. „Wir haben keine Standardware.“

Am Firmensitz in Kirchheim gibt es zwei Herzkammern: „In unserer Innovationsschmiede nehmen wir die Kundenwünsche entgegen und entwickeln die Teile“, so Leicher. Es geht um Hightech-Ware: „Unsere Teile sollen Prozesse besser, effizienter oder kostengünstiger machen“. Der Effekt ist oft durchschlagend: „Wir haben schon für einen Kunden einen Innovationspreis gewonnen, das freut uns dann natürlich“. Stift und Papier gibt es nicht: „Das meiste passiert natürlich am Computer, aber wir nutzen auch einen 3D-Drucker, damit wir die Teile greifbar machen können.“

Die digitalen Zeichnungen gehen an rund 100 Hersteller in aller Welt. Präzision ist dabei alles. „Kommunikation ist entscheidend. Wir betreuen die Hersteller grundsätzlich in Landessprache, um Missverständnisse zu vermeiden“. Das ist oft auch die Muttersprache, die 35 Leicher-Angestellten stammen aus 13 Nationen.

Vor der Serienfertigung gehen die Prototypen durch die zweite Herzkammer: „Was uns von anderen Firmen unterscheidet: Bevor die Teile in Serie gehen, werden sie in unserem Prüflabor in Kirchheim getestet“, erklärt Leicher. Hunderte Stunden im Salzstrahler, tonnenschwere Zuglasten, chemische Analysen: Leicher, selbst Diplom-Ingenieur, will wissen, was er verkauft. „Wir können die Teile nicht nur liefern, sondern auch garantieren, dass sie die versprochene Betriebszeit durchhalten.“

Eines der wichtigsten Werkzeuge ist der 3D-Scanner: „Der scannt auf jedem Objekt fünf bis acht Millionen Messpunkte und erstellt damit einen digitalen Zwilling“, erklärt Leicher. „Den können wir leicht an unsere Hersteller und Kunden schicken und direkt eventuelle Probleme beheben, bevor wirklich produziert wird.“

Besonders für Industriekunden ist Pünktlichkeit entscheidend: „Wir übernehmen für unsere Kunden das Lieferkettenmanagement. Wenn der Suezkanal zu ist, kümmern wir uns darum, dass die Ware trotzdem pünktlich kommt“, erklärt Leicher. In Zukunft will er jeden Handgriff in der Lieferkette quasi in Echtzeit verfolgen können: „Im Herbst werden wir einen großen Schritt machen und alle Prozesse in ein zentrales IT-System einbinden. Das bedeutet etwa: Wir werden genau wissen, wann unser Hersteller in China seine Rohstoffe einkauft und können dementsprechend immer Einfluss nehmen.“ Das gilt auch für die Lieferung: „Wir exportieren in 27 Länder“, erklärt Sebastian Binderberger, Mitglied der Geschäftsführung. Leicher diversifiziert nicht nur bei den Lieferanten: „Wir fühlen uns in nahezu jeder Branche wohl und vermeiden Abhängigkeiten von einzelnen Industrien“, so Binderberger.

Heute ist Leicher eine digitalisierte Hightech-Firma, ihre Wurzeln reichen aber tief: „1870 hat mein Urgroßvater Franz eine Münchner Geldschrankfabrik übernommen“, sagt Christoph Leicher. In den folgenden 150 Jahren war der Betrieb auch Schraubenhersteller und Großhändler. Zwischenzeitlich beschäftigte Leicher in München 500 Menschen. Doch das war durch die Globalisierung spätestens seit den 90ern nicht mehr wettbewerbsfähig – und Leicher wandelte sich in der jüngsten Generation vom Massen- zum Spezialfertiger.

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