CO2-Emissionen sinken – Einnahmen steigen

von Redaktion

VON MATTHIAS SCHNEIDER

München – Stürme, Dürren Starkregen: Die Wahrscheinlichkeit von Naturkatastrophen steigt durch die Erderwärmung enorm, warnt die Versicherungswirtschaft seit Jahren. Deshalb ist man sich politisch weitgehend einig, dass der Ausstoß von CO2 dringend begrenzt werden muss. Ein marktorientiertes Instrument ist der CO2-Preis.

„Der CO2-Handel ist ein künstlicher Markt. Der Staat verkauft per Zertifikat das Recht, eine Tonne CO2 zu erzeugen“, erklärt Tobias Federico, Chef des Beratungshauses Energy Brainpool. Das Ziel: „Es soll sukzessive ren-tabler werden, statt fossiler Energieträger Erneuerbare zu nutzen oder CO2 zumindest zu reduzieren.“ Dafür werden Marktmechanismen genutzt. „Indem der Staat die Zahl der ausgegebenen Zertifikate verringert, steigt ganz natürlich der Preis.“

Preisbildung

In Deutschland gibt es dafür zwei getrennte Märkte. Der eine ist das europäische Emissionshandels-System, das (ETS). Hier wird frei gehandelt: „Die Staaten geben eine fixe Zahl von CO2-Zertifikaten aus, die CO2-Emmitenten, also Unternehmen, kaufen, verbrauchen oder verkaufen können. Daraus entsteht ein Marktpreis.“

Dieser Markt deckt weitgehend Industrie, Schifffahrt, Flugverkehr und Stromerzeugung ab. Aktuell ist der wichtigste Treiber hier der Strommarkt: „Wird etwa viel Kohle verstromt, steigt der Preis, gibt es viel Erneuerbare im System, sinkt er.“ Der Preis schwankte bisher zwischen fünf und 100 Euro pro Tonne CO2. Aktuell sind es rund 80 Euro (siehe Grafik). Damit sind die CO2-Kosten für eine Kilowattstunde Steinkohlestrom bereits höher als die für den Brennstoff.

2023 haben grünere Importe deshalb die deutschen Kohlemeiler aus dem Markt gedrängt, was Deutschlands Klimabilanz aufgebessert hat. Das ist gewollt: Der Import von Stromüberschüssen ist günstig, gleichzeitig erhöht sich die Rentabilität für die Exporteure. Aktuell verkauft Deutschland seine wetterbedingten Windkraftüberschüsse. Wenn 2023 zugekauft wurde, dann am meisten aus Dänemark, Norwegen, Schweden und den Niederlanden.

Das hohe CO2-Preisniveau ist neu: „Wegen der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach CO2-Zertifikaten eingebrochen“, erklärt Federico. „Die EU-Kommission hat im Rahmen ihres Stabilitätsmechanismus überschüssige Zertifikate aus dem Markt genommen, um die Preise zu stabilisieren.“ 2021 zog die Energienachfrage jedoch drastisch an und damit der Bedarf nach CO2-Zertifikaten – die Preise vervielfachten sich. Zusammen sind die Kosten für Gas und CO2 wesentlich für die aktuell hohen Stromkosten verantwortlich.

Tendenz steigend: „In den kommenden Jahren könnten wir 150 oder 200 Euro sehen – oder auch weniger, es ist ja ein freier Markt“, so Federico. „Langfristig wird der Preis in astronomische Höhen gehen, ab dem Jahr 2040 sind 500 Euro und mehr möglich.“ Das sei aber gewollt: „Wir wollen klimaneutral werden und brauchen deshalb eine Strafe für den CO2-Ausstoß.“

Der zweite Markt ist der für Haushaltskunden. „Für die gibt es nationale, nicht handelbare CO2-Zertifikate, die die Händler von Diesel, Benzin, Erdgas und Heizöl kaufen und auf den Verkaufspreis aufschlagen müssen“, erklärt Federico. „Weil man diese Systeme schwer koppeln kann, gibt es seit 2021 einen jährlich steigenden Festpreis für Verbraucher.“ Dieser ist mit neuerdings 45 Euro pro Tonne viel günstiger als am freien Markt. Das ändert sich 2026: Ab da werden die Zertifikate für mindestens 55 und höchstens 65 Euro auktioniert.

Spannend wird es dann ein Jahr später: „Ab 2027 soll sich auch der Verbraucher-CO2-Preis am freien Markt bilden“, sagt Tobias Federico.

Die Kosten berechnen sich nach festgelegten Faktoren. Das ist jeweils der CO2-Ausstoß pro verbrauchter Megawattstunde. Für Heizöl sind das etwa 0,266 Tonnen CO2 pro Megawattstunde, beim Erdgas sind es 0,201.

Verwendung

Mit insgesamt 18,4 Milliarden Euro aus dem Emissionshandel waren die Erlöse für Deutschland 2023 so hoch wie noch nie – trotz Rekordtiefs beim Ausstoß. Wegen der geringeren Kohleverstromung, schwacher Industrie-nachfrage und des warmen Winters lag Deutschlands CO2-Ausstoß auf dem Niveau der 50er-Jahre. Die einfache Erklärung für die Rekordeinnahmen: Weil der CO2-Preis zum 1. Januar 20024 von 30 auf 45 Euro stieg, haben die Händler auf Vorrat gekauft.

Das Geld aus dem Zertifikatshandel fließt Großteils in den Klima- und Transformationsfonds. Gefördert werden damit etwa Ausbau der Lade-infrastruktur für E-Mobilität oder der Aufbau der Wasserstoffindustrie. Aber auch die Abschaffung der EEG-Umlage wurde damit bezahlt.

Aktuell werden auch die Rufe nach Entlastungen lauter: Die Ampel hatte sich im Koalitionsvertrag geeinigt, die CO2-Einnahmen über ein Klimageld zurückzuzahlen. Der Gedanke: Jeder Bürger bekommt dieselbe Summe, die Verbraucherzentralen forderten jüngst 139 Euro. Wer mehr CO2 ausstößt, macht damit einen schlechteren Schnitt.

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