Berlin – Für die Fahrgäste der Deutschen Bahn steht eine schwere Woche bevor: Die Lokführergewerkschaft GDL mit ihrem Chef Claus Weselsky will das Unternehmen von Mittwoch bis Freitag bundesweit bestreiken. Der Tarifkonflikt erreicht damit die nächste Eskalationsstufe –und der bundeseigene Konzern reagierte am Sonntagabend prompt: Die Bahn kündigte einen Eilantrag beim Arbeitsgericht in Frankfurt an, um die Arbeitsniederlegung per einstweiliger Verfügung zu stoppen.
Sofern der Streik nicht gerichtlich gestoppt wird oder sich die Parteien doch auf weitere Gespräche einigen, trifft er mit der Aktionswoche der Landwirte zusammen, die ab Montag mit ihren Traktoren vielerorts den Verkehr behindern wollen. „Der DB-Konzern hat den Weihnachtsfrieden nicht genutzt, um mit einem verhandlungsfähigen Angebot Arbeitskampfmaßnahmen entgegenzuwirken“, teilte die GDL am Sonntagabend, pünktlich zum Ende des sogenannten Weihnachtsfriedens, mit. Bereits zweimal legte die Gewerkschaft bisher mit Warnstreiks große Teile des Bahnverkehrs in Deutschland lahm, nun folgt ein mehrtägiger Streik. Weselsky hatte sich per Urabstimmung die Rückendeckung der Mitglieder eingeholt. Bei den beiden GDL-Warnstreiks im vergangenen Jahr musste die Bahn jeweils rund 80 Prozent des Fernverkehrsangebotes streichen.
Der Streikaufruf von Mittwoch, 2 Uhr, bis Freitag, 18 Uhr, richtet sich bundesweit an alle GDL-Mitglieder, die bei der Bahn sowie beim Konkurrenten Transdev und der City-Bahn Chemnitz arbeiten. Sofern sich die Streikbeteiligung nicht grundlegend unterscheidet, sind ähnliche Auswirkungen wie bei den beiden Warnstreiks zu erwarten. Auch wenn der Streik am Freitag um 18 Uhr endet, dürfte dieser Tag bis in die späten Abendstunden unter dem Eindruck des Streiks stehen. Im Güterverkehr soll der Streik bereits am Dienstag um 18 Uhr beginnen.
Ein Knackpunkt im festgefahrenen Tarifkonflikt ist die GDL-Forderung nach einer Verringerung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohn. Die Bahn hält dies für unerfüllbar, auch aufgrund des Fachkräftemangels. Wenn die Schichtarbeiter weniger arbeiteten, brauche es absehbar mehr Personal, das sei aber auf dem Arbeitsmarkt nicht zu finden, argumentiert die Bahn. Die Gewerkschaft dagegen will mit weniger Wochenarbeitszeit die Berufe bei der Bahn attraktiver machen.
Der Konzern hatte am Freitag vorgeschlagen, bestehende Wahlmodelle bei der Arbeitszeit auszuweiten. Beschäftigte können derzeit von 39 auf 37 Wochenstunden verringern, bekommen dafür aber 5,7 Prozent weniger Lohn. Die Bahn bietet an, die Wochenarbeitszeit in diesem Modus bis auf 35 Stunden verringern zu können. Wer sich für kürzere Arbeitszeiten entscheide, müsse dafür Abstriche bei einer tariflich vereinbarten Lohnerhöhung machen, betonte die Bahn. Den von der GDL geforderten vollen Lohn lehnt der Konzern ab. Die GDL fordert zudem 555 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten, bei einer Laufzeit von einem Jahr. Die Bahn hat bisher eine elfprozentige Erhöhung bei einer Laufzeit von 32 Monaten angeboten.
Mit dem angekündigten Eilantrag gegen die Streikpläne geht die Bahn zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage juristisch gegen die GDL vor. Erst vor gut einer Woche klagte die Bahn gegen das kürzliche gegründete Unternehmen Fair Train, das nach Plänen der GDL Lokführer von der Bahn abwerben und an andere Eisenbahnunternehmen verleihen soll. Die Bahn hat Klage eingereicht, weil sie die GDL und die inzwischen bestehende Genossenschaft für zu eng miteinander verbunden hält.