München – Der Schock in der Luftfahrt-Branche sitzt tief. Nachdem am Freitag kurz nach dem Start einer Boeing 737 Max plötzlich ein Kabinenteil samt Fenster herausbrach, wird der Konzern mit Argusaugen beobachtet.
Auch in Deutschland werden jetzt die Flotten verschiedener Fluglinien besonders unter die Lupe genommen. Erst vor Weihnachten hat die Lufthansa wieder Kurz- und Mittelstreckenjets beim US-Hersteller Boeing bestellt – ausgerechnet Flugzeuge aus der 737-Max-Reihe. Auf Anfrage unserer Zeitung erklärt ein Lufthansa-Sprecher jedoch, dass es sich bei der Bestellung um Flugzeuge einer anderen Baureihe handele. 40 Maschinen des Typs 737-8 Max hat der Konzern in Auftrag gegeben, für 60 weitere Maschinen sicherte er sich die Option.
Bei der Maschine, die eine Notlandung hinlegen musste und jetzt mit lockeren Schrauben zu kämpfen hat, handelt es sich um eine Boeing 737-9 Max. Deswegen besteht aus Sicht der Lufthansa kein Grund, die Bestellung zurückzunehmen, erklärt ein Sprecher. „Wir verfolgen die Diskussion intensiv“, sagt der Sprecher. Geplant ist die Auslieferung für die gesamte Lufthansa-Gruppe zwischen 2026 und 2032. Für welche Fluglinie die Maschinen dann fliegen, ist bislang unklar.
Auch der deutsche Urlaubsflieger TUI Fly hat die Boeing 737-8 Max in seiner Flotte. Ebenso wie die deutsch-türkische Fluggesellschaft Sunexpress. Laut Boeing-Webseite ist in dieser Baureihe – anders als beim jetzigen Pannen-Flugzeug – aber kein zusätzlicher Ausgang in der Kabinenmitte vorgesehen. Die 737-9 Max ist laut EU-Luftfahrtaufsicht EASA in keinem EU-Land im Einsatz.
Der Boeing-Konzern ist angeschlagen, zumal die 737-Max-Reihe nicht zum ersten Mal in die Schlagzeilen geraten ist. 2019 stürzten zwei Max-Maschinen ab – 346 Menschen starben. Das hatte ein weltweites Flugverbot zur Folge und alle 737-Max-Flugzeuge mussten eineinhalb Jahre am Boden bleiben. Damals waren Software-Probleme der Auslöser für die Krise. Der Image-Verlust für das Unternehmen dürfte trotzdem enorm sein. Die Aktien verloren in den letzten fünf Tagen über acht Prozentpunkte. Konzernchef Dave Calhoun verspricht jedenfalls Aufklärung. „Wir werden das zuallererst so angehen, dass wir unseren Fehler eingestehen“, sagt Calhoun am Dienstag.
LEONIE HUDELMAIER