München – Waltraud Weber sagt das, was vermutlich viele Spediteure denken: „Wir müssen zeigen, so geht’s nicht weiter“, sagt die Transportunternehmerin aus Waakirchen im Kreis Miesbach. 24 Lkw, rund 40 Beschäftigte, die Spedition Weber ist ein typischer mittelständischer Familienbetrieb. Am 1. Dezember hat für die Firma aber eine neue Zeitrechnung begonnen: Seitdem gilt in Deutschland für Lkw eine CO2-Maut. 200 Euro werden pro Tonne CO2 fällig. Der Betrag wird auf die bestehende Lkw-Maut aufgeschlagen.
Die Spedition Weber müsse seitdem 83 Prozent mehr Maut bezahlen, rechnet Waltraud Weber vor. Manchmal sei es angesichts des Wettbewerbs aber gar nicht möglich, den kompletten Betrag an die Kunden weiterzugeben. „Da bleiben die Kosten dann bei uns hängen.“ Erste Kunden hätten schon zur günstigeren Konkurrenz aus dem Ausland gewechselt –meist Firmen aus Osteuropa. Und selbst wenn es möglich sei, die Mehrbelastung aus der CO2-Maut an die Kunden weiterzugeben, wäre die Abgabe wenig sinnvoll: „Am Ende zahlt die Mehrkosten der Endverbraucher“, beklagt Waltraud Weber. „Und die ganzen Einnahmen fließen am Ende auch nicht in die Straßeninfrastruktur, dabei fehlt es unseren Fahrern an Parkplätzen und Toiletten.“
Heute will die Spedition fünf Lkw zu einer Großkundgebung auf die Theresienwiese nach München schicken. Auch Waltraud Webers Vater, Engelbert Weber, möchte mitfahren. Rund 1000 Lkw werden in der bayerischen Landeshauptstadt erwartet. Wenige Tage nach den Traktor-Protesten der Landwirte könnte es auf den Straßen wieder eng werden. „Der ganze Mittelstand steht auf und sagt: Wir können nicht mehr“, sagt Waltraud Weber.
Nach München fahren will heute auch Christian Huber. Er ist Chef der Spedition Huber Transporte aus Albaching im Landkreis Rosenheim – rund 100 Lkw, etwa 200 Mitarbeiter. Huber sagt: Die CO2-Maut der Bundesregierung sei „völlig verlogen“. Sein Unternehmen sei auf Diesel-Lkw angewiesen. Wasserstoff- oder Elektrolastwagen seien keine Alternative. „Im Lieferwagenbereich, im städtischen Bereich, da können Elektrofahrzeuge eine Alternative sein, aber auf der Autobahn sind wir schon froh, wenn unsere Fahrer einen freien Rastplatz finden. Eine Ladesäulen-Infrastruktur für Lkw gibt es praktisch nicht.“
Aufgerufen zu den Protesten in München hat der Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT), Ein breites Bündnis unterstützt die Proteste, darunter die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) sowie der Landesverband Bayerischer Spediteure (LBS).
„Wir müssen die Bevölkerung auf die Bedürfnisse der Transportbranche hinweisen. Denn die Kostensteigerungen aufgrund der CO2-Maut sind so gravierend, dass ein Vier-Personen-Haushalt in Bayern im Schnitt mit 450 Euro im Monat zusätzlich belastet wird“, sagt Stephan Doppelhammer, Hauptgeschäftsführer beim Transportverband LBT. Die Speditionen seien gezwungen, die Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, ansonsten drohe den Firmen die Insolvenz.
Sorge, dass die Bevölkerung angesichts verstopfter Straßen während der heutigen Kundgebung in München mit Unverständnis reagieren könne, hat Doppelhammer nicht. „Einen Stau wird es bestimmt geben, aber zu aktiven Straßenblockaden wird es nicht kommen.“ Von Blockaden halte er auch nichts. „Wir finden aber, es ist an der Zeit, dass wir unsere Stimme erheben und sagen: Achtung, liebe Bundesregierung, so geht es nicht weiter.“
Neben der CO2-Maut ärgert sich die Branche über eine zweite Sache: Den CO2-Preis. Der hat den Liter Diesel zum Jahreswechsel um rund fünf Cent verteuert. Doppelhammer sagt, für Transportfirmen könnten auch Cent-Beträge ins Geld gehen, wenn man bedenke, dass ein Lkw im Schnitt 12 000 Kilometer pro Monat fahre.
Das CO2-Maut und CO2-Preis zu einer Lenkungswirkung und damit zu weniger CO2-Emissionen führten, hält der Verbands-Chef für ausgeschlossen: Von den 800 000 Lkw schwerer als 7,5 Tonnen seien in Deutschland gerade einmal 475 Lkw mit einem mautbefreiten Elektroantrieb unterwegs – das entspricht einem Anteil von 0,059 Prozent. „Erst ab 2025/2026 können die Lkw-Hersteller in vernünftigen Mengen E-Lkw und Wasserstoff-Lkw liefern – die sind dann in der Anschaffung aber immer noch um gut 200 000 Euro teurer als Diesel-Lkw.“
Die kommenden Tage und Wochen werden zeigen, ob die Bundesregierung die Argumente der Branche ernst nimmt – oder ob sie an ihrer bisherigen Politik festhält.