München – Die großen Überschüsse im Außenhandel wurden Deutschland in den vergangenen Jahren von seinen Handelspartnern immer wieder zum Vorwurf gemacht. Dazu gibt es mittlerweile keinen Grund mehr, denn die Außenhandelsbilanz ist negativ. Auch der Freistaat Bayern, der sich immer gern seiner wirtschaftlichen Potenz im Vergleich zum Rest der Republik rühmt, importiert mehr Güter aus dem Ausland, als er exportiert – und das bereits seit dem Jahr 2019, wie eine Studie des Ifo Instituts im Auftrag der IHK für München und Oberbayern nun noch einmal verdeutlicht. Und die Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass der Trend zu Exportdefiziten von Dauer ist.
Grund dafür sind zum einen die hohen Energiepreise, denn Gas und Öl muss Bayern einführen. Ifo-Ökonom und Mitautor der Studie, Oliver Falck, nennt außerdem geringere Investitionen der Unternehmen in ihre inländischen Produktionsanlagen, fehlende Fachkräfte und Defizite in der Digitalisierung. Eine wachsende Rolle spielen auch Vorprodukte, die für die Dekarbonisierung der Wirtschaft gebraucht werden, etwa Akkumulatoren und Batterien, die vielfach aus dem Ausland eingeführt werden müssen. Noch sind die Zahlen für das vergangene Jahr nicht vollständig, aber bis Ende November 2023 summierte sich das Exportdefizit Bayerns auf 9,5 Milliarden Euro. Für 2023 insgesamt ist daher ein deutlich geringeres Defizit zu erwarten als im Vorjahr, Grund sind wieder rückläufige Energiepreise.
Exportüberschüsse oder -defizite seien für sich genommen weder gut noch schlecht, erklärt Falck. „Aber hohe Exporte sind ein Ausdruck von Wettbewerbsfähigkeit.“ Heute beschleunigten Hemmnisse im freien Welthandel und Subventionsprogramme im Ausland Produktionsverlagerungen bayerischer Hersteller nach Asien und in die USA. Besonders betroffen seien die Autobranche und die chemische Industrie. Auch bei Dienstleistungen sei Bayern inzwischen Netto-Importeur.
Die deutsche wie die bayerische Industrieproduktion fallen laut der Studie seit dem Jahr 2018 zurück. Der Industriestandort Bayern habe sich nicht vom gesamtdeutschen Sog lösen können, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. Um das Ruder herumzureißen, müsse man nun auf Forschung und Entwicklung setzen sowie Automatisierung, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz vorantreiben.