Warum Klaus Josef Lutz zur BayWa-Führungskrise schweigt

von Redaktion

München – Nach seinem Rücktritt als Aufsichtsratsvorsitzender beim Münchner Agrarkonzern BayWa hat Klaus Josef Lutz gegenüber unserer Zeitung um Verständnis geworben, dass er sich zu dem Vorgang derzeit öffentlich nicht äußern könne. „Ich kann nur wiederholen, was ich schon gesagt habe: Wegen unterschiedlicher Auffassungen zu Geschäftsvorfällen habe ich meine Ämter als Vorsitzender der Baywa AG und der Baywa r.e. niedergelegt“, sagte Lutz. Um welche „Geschäftsvorfälle“ es genau geht und zu welchen „unterschiedlichen Auffassungen“ es gekommen ist, dazu wollte sich Lutz nicht äußern.

Damit bleibt weiter unklar, aus welchen Gründen Lutz am Freitag zurückgetreten ist. Bekannt ist, dass Lutz am Freitag eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung einberufen hatte, in der „eingehend über den Vorwurf eines mutmaßlichen Compliance-Verstoßes“ beraten wurde, wie es in einer offiziellen Mitteilung der BayWa hieß. Im Ergebnis habe das Kontrollgremium dem Vorstand und dem Vorstandsvorsitzenden Marcus Pöllinger „das uneingeschränkte Vertrauen“ ausgesprochen, wie in der Mitteilung zu lesen war.

Am Donnerstag hatten Medien berichtet, dass das Vertrauen zwischen dem aktuellen Vorstandsvorsitzenden Marcus Pöllinger und Aufsichtsratschef Klaus Josef Lutz erschüttert sei. Die Rede war von einer Untersuchung wegen möglicher Compliance-Verstöße gegen Pöllinger.

Der englische Begriff Compliance beschreibt in einem betriebswirtschaftlichen Kontext, inwieweit Manager die Gesetze, Richtlinien und Unternehmensregeln einhalten. Sämtliche Regeln sind in einem vom Gesetzgeber und den Firmeneigentümern bestimmten Ordnungsrahmen festgehalten, im Manager-Deutsch wird dieser Ordnungsrahmen „Corporate Governance“ genannt.

Gegenüber unserer Zeitung betonte Lutz: „Grundsätze der Corporate Governance sind für mich nicht verhandelbar.“ Lutz lässt damit offen, wer bei der BayWa wann gegen welche Grundsätze der Unternehmensführung verstoßen haben könnte. Aus aktienrechtlichen Gründen dürfe er sich zu den Vorgängen nicht äußern, sagte Lutz mit Verweis auf Paragraf 404 des Aktiengesetzes. In dem Paragrafen ist geregelt, dass Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen mit Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren belangt werden können, wenn sie Geheimhaltungspflichten verletzen. Und Sitzungen des Aufsichtsrates seien grundsätzlich geheim, bekräftigte Lutz.

Er bestätigte aber, dass er am Montag als Folge seines Rücktritts bei der BayWa auch seine Mandate beim Deutschen Raiffeisenverband sowie beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband niedergelegt habe.

Sein Amt als Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern sowie als Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) sei von den Vorgängen bei der BayWa aber nicht betroffen, betonte Lutz. Auch vonseiten der IHK hieß es, dass die Vorgänge keinerlei Auswirkungen auf die Präsidentschaft von Lutz hätten.

Lutz war von 2008 bis März 2023 Vorstandsvorsitzender der BayWa. Bekannt geworden ist er dafür, dass er aus einem heimischen Agrarhändler einen internationalen Konzern geformt hat. Lutz ging sogar am anderen Ende der Welt auf Einkaufstour, 2011 gab die BayWa den Kauf eines Obsthändlers in Neuseeland bekannt. Zudem investierte Lutz im großen Stil in Erneuerbare Energien. 2022 lag der Umsatz des SDax-Konzerns bei 27,1 Milliarden Euro.

Im März 2023 übernahm Marcus Pöllinger die Führung der BayWa. Wenige Wochen nach Pöllingers Amtsantritt, im Juni 2023, wechselte Lutz in den Aufsichtsrat und übernahm dort den Vorsitz. Eine derart kurze Pause zwischen dem Ausscheiden als Chef und dem Neubeginn als Aufsichtsrat ist in börsennotierten Firmen unüblich. Eigentlich sieht das Aktiengesetz eine Pause von zwei Jahren vor. Die Idee: Der Ex-Chef soll als Aufsichtsrat nicht seinen Nachfolger kontrollieren.

Das Gesetz sieht aber auch Ausnahmen vor. Deshalb war es möglich, dass Lutz bei der BayWa nach wenigen Wochen ins Kontrollgremium wechselte. Schon damals gab es Kritik an dem Vorgang, zumal Lutz in seinem Auftreten als dominant und fordernd galt. Insoweit verwundert es nicht, dass Lutz mit seinem Nachfolger nun ganz offensichtlich aneinandergeraten ist. Nur der eigentliche Grund für den Konflikt bleibt rätselhaft. SEBASTIAN HÖLZLE

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