Wiesbaden/München – Die Inflation in Deutschland ist auf dem Rückzug. Die Teuerungsrate lag im Januar nach vorläufigen Daten bei 2,9 Prozent. Es war der niedrigste Wert seit Juni 2021 mit damals 2,4 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im Dezember 2023 waren die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat noch um 3,7 Prozent gestiegen. Volkswirte rechnen mit einem weiteren Rückgang im Laufe des Jahres. Das Tempo könnte allerdings nachlassen.
Inflation dürfte künftig langsamer sinken
Friedrich Heinemann, Volkswirt am Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW, sprach von einem „guten Start ins Jahr 2024 für mehr Preisstabilität“. Denn mit der Rückkehr zum regulären Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie und routinemäßigen Preisanpassungen zum Jahresbeginn habe es durchaus einige Belastungsfaktoren gegeben. Volkswirte rechnen damit, dass die Inflationsrate in diesem Jahr weiter sinken wird. Allerdings wollen nach Daten des Münchner Ifo-Instituts mehr konsumnahe Unternehmen ihre Preise erhöhen. „Die Inflation dürfte daher in den kommenden Monaten nur langsam sinken“, prognostizierte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer warnte: „Der Kampf gegen die Inflation ist noch nicht gewonnen.“ Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte nach seinem Dafürhalten der Versuchung widerstehen, ihre Leitzinsen zu früh zu senken.
Die Notenbank strebt für den Euroraum insgesamt mittelfristig stabile Preise bei 2,0 Prozent Inflation an. Um die Teuerung zu dämpfen, setzten die Währungshüter seit Sommer 2022 zehnmal in Folge die Leitzinsen nach oben. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann. Teurere Kredite sind aber eine Last für die Wirtschaft, weil sich kreditfinanzierte Investitionen verteuern.
Nach Einschätzung von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos könnte die Teuerungsrate im Euroraum schneller zurückgehen als im Dezember von der Notenbank erwartet. In jüngster Zeit habe es bei der Inflation „eher positive Überraschungen“ gegeben, sagte de Guindos der „Zeit“ auf die Frage, wann der EZB-Zielwert von zwei Prozent erreicht sein werde: „Meine persönliche Einschätzung ist, dass sie etwas niedriger ausfällt als zuletzt von uns prognostiziert.“ Im Dezember hatte die EZB für 2024 eine Teuerungsrate von 2,7 Prozent prognostiziert. Für 2025 rechnete die Notenbank seinerzeit mit einer Rate von 2,1 Prozent. Die nächste Prognose veröffentlicht die EZB im März.
Fed lässt Leitzins erneut unverändert
Die Inflation wird auch an den Finanzmärkten genau beobachtet. Sinken die Teuerungsraten, gibt das den Notenbanken Spielraum für Zinssenkungen, was wiederum an den Aktienmärkten gut ankommt. Gestern richteten sich die Blicke in die USA. Die dortige Notenbank Fed erklärte am Abend, dass sie die Leitzinsen ein viertes Mal unverändert lässt. Die Zinsspanne bleibe zwischen 5,25 und 5,5 Prozent. Zudem dämpfte die Fed die Erwartungen auf baldige Zinssenkungen. Der Zinsausschuss werde voraussichtlich nicht mit der Absenkung beginnen, bis er „größeres Vertrauen darauf hat, dass sich die Inflation nachhaltig in Richtung zwei Prozent bewegt“.