München – Die Debatte um Steuerentlastung für Unternehmen läuft auf vollen Touren. Nun haben sich auch Bayerns Wirtschaftsvertreter dazu zu Wort gemeldet. „Um unseren Industriestandort für die Zukunft stark aufzustellen, brauchen wir jetzt auch in der Steuerpolitik mutige Reformen, die uns wieder an die Spitze bringen“, sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), die 155 Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände im Freistaat vertritt.
„Konkret müssen wir den Steuersatz für Kapitalgesellschaften auf international wettbewerbsfähige 25 Prozent senken“, fordert Brossardt. „Während andere Länder die Steuern sukzessive gesenkt haben, herrscht bei uns Stillstand.“ Derzeit fallen in Deutschland knapp 30 Prozent Steuern für Firmen an. Sie setzen sich aus 15 Prozent Körperschaftsteuer, 0,83 Prozent Solidaritätszuschlag sowie im Schnitt etwa 14 Prozent Gewerbesteuer zusammen. Im internationalen Vergleich ist das relativ viel. In den USA liegen die Steuern für Unternehmen beispielsweise bei 26 Prozent, allerdings sind dort die Sozialabgaben niedriger, in Großbritannien werden Unternehmen mit 19 Prozent besteuert, in Ungarn mit weniger als elf Prozent (siehe Grafik).
Neben Steuersenkungen fordert Brossardt weitere Maßnahmen. „Wir müssen auch die steuerliche Forschungsförderung attraktiver gestalten, das macht die ausländische Konkurrenz deutlich besser“, so der vbw-Chef. Auch der Verlustvortrag müsse reformiert werden, damit Verluste schneller mit künftigen Gewinnen verrechnet werden können. Zudem müsse man im Ausland gezahlte Steuern auf die deutsche Gewerbesteuer anrechnen können, um eine Benachteiligung deutscher Unternehmen zu vermeiden. „Solche Systemfehler können wir uns einfach nicht mehr leisten“, kritisiert Brossardt.
Seit einigen Tagen streitet die Bundesregierung, ob und wie deutsche Unternehmen entlastet werden sollen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) favorisiert ein Sondervermögen für Unternehmen, das Finanzminister Christian Lindner (FDP) jedoch ablehnt, weil es mit neuen Schulden verbunden wäre. Er fordert dagegen die komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags, den derzeit nur noch Unternehmen und Besserverdiener bezahlen. Das sei „der einfachste und schnellste Weg“, um Firmen zu helfen, so Lindner. Das wiederum wollen SPD und Grüne nicht. Entfalle der Soli, stünden 30 Milliarden Euro für den Bundeshaushalt auf dem Spiel, die nicht gegenfinanziert werden könnten, sagte SPD-Chefin Saskia Esken am Montag.
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) unterstützt Lindners Vorschlag und brachte vergangene Woche zudem eine Absenkung der Körperschaftsteuer von 15 auf 10 Prozent ins Spiel. Die hält auch Bayerns Staatsregierung für „einen guten Anfang“, wie Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) am Freitag sagte. ANDREAS HÖSS