Heute muss Minister Hubert Aiwanger (FW) vor dem Wirtschaftsausschuss des Landtags Rede und Antwort stehen. Ein Gespräch mit Kerstin Schreyer, wirtschaftspolitische Sprecherin der CSU.
Bayerns Firmen sehen inzwischen die Politik als größtes Risiko. Was sagt die Politikerin dazu?
Man muss die Fragestellung genau zitieren. Es hieß: „die deutsche Politik“. Ich erlebe das, wenn ich in Bayern unterwegs bin. Die Unternehmen sind völlig fassungslos, weil es keine Planbarkeit mehr gibt. Die Kosten für die Umsetzung der Berliner Vorgaben sind enorm. Beim Fachkräftemangel hat man jenseits von Asyl kein Konzept. Für die Energie gibt es nun eine Kraftwerkstrategie – aber keiner weiß, wie viel Energie da kommt. Die Kosten sollen erst im Sommer vorgelegt werden. Würde ein Unternehmen so wirtschaften wie die Ampel, wäre es pleite.
Hohe Steuern, Energieversorgung, Bürokratie sind aber das Ergebnis vieler Jahre – an allem ist die Ampel nicht schuld.
Die Planbarkeit der Energieversorgung war gewährleistet, bis Putin in der Ukraine eingefallen ist. Der Ausstieg aus der Atomkraft wäre durch Gas kompensiert worden. Das kann man heute blauäugig nennen – aber ich habe vorher von anderen Parteien wenig Kritik gehört. Man regiert immer unter Zwängen der Zeit. Deshalb ist jetzt entscheidend, verantwortungsvoll mit der Lage umzugehen. Stattdessen blockiert die Ampel sogar den Ausbau von Erneuerbaren in Bayern. Für die zählt offenbar nur die Windenergie.
Womit wir beim Stichwort wären. Was kann denn Bayern in dieser schwierigen Situation tun?
Der Wirtschaftsminister versteht jetzt hoffentlich, dass es sein Aufgabenfeld ist, bei den Unternehmen vor Ort zu sein. Im Bereich der Energieversorgung, den Fernwärmenetzen muss er alles anpacken, was wir selbst tun können. Hubert Aiwanger hat sich lange mit den Stromleitungen äußerst schwer getan. Hätte man auf Ilse Aigner gehört, wären wir heute wesentlich weiter. Da müssen wir uns an die eigene Nase packen.
Das sagen Sie ihm auch heute im Ausschuss?
Er muss uns darlegen, wie er Bayerns Wirtschaft unter die Arme greifen will. Was ist seine Strategie? Wie möchte er verhindern, dass Unternehmen wegen der Energiefrage ins Ausland abwandern? Und wie möchte er verhindern, dass wir beim Mittelstand ein leises Sterben haben?
Was meinen Sie mit „leisem Sterben“?
Jemand, der Anfang 60 ist, überlegt sich natürlich, ob er seine Apotheke, seine Bäckerei, seine Metzgerei aufrecht erhält oder in eine andere Lebensphase eintritt. Dafür brauchen wir Konzepte. Ich komme aus dem Großraum München, wo man immer irgendwo eine Apotheke oder einen Metzger finden wird. Aber wenn in anderen Teilen Bayerns in einem Ort der Metzger aufhört – dann gibt es keinen mehr. Das bereitet mir ganz große Sorgen.
Aiwanger ist nicht erst seit gestern Minister. Sie klingen unzufrieden.
Nehmen Sie den Windradentscheid. Es war klar, dass das Chemiedreieck diese Windräder braucht. Der Ministerpräsident und die Landwirtschaftsministerin waren vor Ort. Aber es wäre Aufgabe des Energieministers gewesen, viele Gespräche zu führen und die Sorgen zu lindern. Er hat auch viele Gespräche geführt – aber leider in anderen Fachbereichen.
Aiwanger hat jetzt die Staatsforsten als Spielwiese. War es ein Fehler, dieses Ministerium so zuzuschneiden?
Es erschließt sich mir überhaupt nicht, warum er die Jagd wollte und dafür Tourismus und Gastronomie verkauft hat. Aber dass der Minister, der die Energie verantwortet, auch für die Staatsforsten zuständig ist, finde ich logisch und gut. Künftig können sich nicht mehr zwei Häuser gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben.
Interview: Mike Schier