Handyempfang für tausende Zuschauer

von Redaktion

VON SEBASTIAN HÖLZLE

München – In der Münchner Allianz Arena ist bei Spielen des FC Bayern schon jetzt zu beobachten, warum beim Bau moderner Stadien heute anders gedacht werden muss: Tausende Menschen machen nach dem Betreten der Arena als Allererstes ein Selfie. Das Foto wird an Freunde und Verwandte verschickt – jeder soll wissen, dass man eines der begehrten Tickets ergattert hat. Während des Spiels werden die Handykontakte weiter mit Sprachnachrichten, Fotos und Videos versorgt – oder die Datenberge werden gleich auf einem Speicher in der Cloud abgelegt. Wären Mobilfunkbetreiber auf ein derart hohes Datenaufkommen nicht vorbereitet, würde das Handy-Netz schnell an seine Kapazitätsgrenzen stoßen – aber genau das geschieht nicht.

Warum das so ist, lässt sich derzeit auf einer Baustelle im Münchner Olympiapark beobachten. Dort baut die Red Bull Stadion München GmbH eine Halle für das Basketballteam des FC Bayern sowie die Eishockeymannschaft EHC Red Bull München. Bis zu 12 500 Zuschauer sollen in der Sportarena namens SAP Garden einmal Platz finden, bereits in der Saison 2024/2025 sollen hier Spiele ausgetragen werden. Damit die Eishockey- und Basketball-Fans stabilen Internet-Empfang haben, hat sich Red Bull mit dem spanischen Telefonriesen O2/Telefónica zusammengetan. Die Halle soll ein eigenes Mobilfunknetz bekommen.

Die Deutschland-Zentrale von O2/Telefónica liegt nur wenige hundert Meter vom Olympiapark entfernt, für das Unternehmen ist der Auftrag in Sichtweite des 146 Meter hohen O2-Towers daher ein Prestigeprojekt. Jetzt haben Techniker die Montage der Antennen abgeschlossen – in luftiger Höhe.

„Wir haben nicht eine Antenne hingestellt, die alles abdeckt, wir haben im kompletten Innen- und Außenbereich insgesamt 350 Antennen montiert“, sagt Oliver Hempfling, der für O2/Telefónica die Montagearbeiten koordiniert hat. Allein unter der 27 Meter hohen Dachkonstruktion der Halle seien 24 Antennen verbaut. Jede Antenne misst etwa die Größe eines Schuhkartons. „Man muss sich die Antennen vorstellen wie Duschen: Jede einzelne ist so angebracht, dass sie einen Teilbereich eines Zuschauerrangs abdeckt“, sagt Hempfling. Die Antennen seien entweder mithilfe   von   Hubsteigern oder von Industriekletterern montiert worden. Neben ultraschnellem 5G-Empfang sollen die Antennen auch die Frequenzbereiche im 4G/LTE-Netz sowie im 2G/GSM-Netz abdecken.

Von unten sind die Antennen-Kästchen in der Dachkonstruktion nur schwer zu erkennen. Hempfling kennt aber einen Weg durch das Baustellenlabyrinth, über Treppenhäuser gelangt man in das Stahlfachwerk des Hallendachs. Hier, 27 Meter über dem Hallenboden, sind die Antennen über Stege zu erreichen. Die Kästchen ragen über den Abgrund und sind damit gut zu sehen. Lediglich schwindelfrei sollte man beim Blick über das Geländer sein, unter den Antennen geht es im freien Fall nach unten.

Von jeder Antenne gehen Glasfaserkabel zu Verteilerkästen, von dort gehen die Kabel weiter in einen zentralen Schaltraum. Ist der SAP Garden eröffnet, werden die Informationen von jedem gesendeten Foto, jedem Video und jedem Handygespräch diesen Raum passieren. Noch ist die fensterlose Kammer leer und dunkel, aber schon bald soll sie mit Schaltschränken ausgestattet werden, sagt Hempfling. Drei Kabel sollen aus dem Schaltraum nach draußen führen: Ein Kabel führt ins Netz von O2, ein zweites Kabel führt ins Netz der Telekom, ein drittes Kabel führt ins Vodafone-Netz. „Zwar betreiben wir als O2/Telefónica die Mobilfunktechnik in der Halle, aber auch die Kunden anderer Anbieter werden das Netz nutzen können“, sagt Hempfling.

Und es soll Platz für einen möglichen vierten Nutzer geben: den Stadionbetreiber Red Bull. Die Mobilfunk-Infrastruktur kann für ein eigenes privates 5G-Netz genutzt werden. In der Industrie sind solche privaten 5G-Netze heute schon Standard, etwa um Maschinen und Roboter miteinander zu vernetzen. Für den SAP Garden ist etwas Ähnliches geplant: Die Technik lässt sich für Live-Übertragungen nutzen. Fernsehkameras und Handys sollen vernetzt werden, neue Perspektiven der Sportberichterstattung sollen entstehen. Damit würden nicht nur die Zuschauer im SAP Garden, sondern auch die Zuschauer zu Hause von der 5G-Technik im Hallendach profitieren.

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