Kohlendioxid abscheiden und speichern oder nutzen – für die einen ist es ein zentraler Baustein zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes, für die anderen vor allem ein Trick, um weiter fossile Brennstoffe nutzen zu können. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) will die CCS-Technologie nun unter bestimmten Bedingungen zulassen. Kritik gibt es vor allem daran, dass dies auch für Gaskraftwerke gelten soll.
Was ist CCS?
CCS steht für Carbon Capture and Storage: Kohlendioxid oder CO2 wird nicht in die Atmosphäre ausgestoßen, sondern abgeschieden und dann dauerhaft in tiefliegenden geologischen Gesteinsschichten eingespeichert. Daneben gibt es noch die CCU-Technologie (Carbon Capture and Utilization), bei der das CO2 nach der Abscheidung stofflich genutzt wird.
Wo könnten Speicherstätten entstehen?
Habeck nennt hier Möglichkeiten zur Lagerung unter dem Meeresboden, wohl in erster Linie unter der Nordsee. CO2-Speicher auf dem Festland sollen dagegen ebenso ausgeschlossen bleiben wie in Meeresschutzgebieten. Ein zentraler Punkt von Habecks Carbon Management Strategie sind die Transportwege. Dafür soll ein Pipeline-Netz aufgebaut werden.
Wofür wird CCS gebraucht?
Die meisten Klimaexperten sind sich einig, dass es nicht gelingen wird, die Nutzung fossiler Brennstoffe in allen Bereichen schnell genug zu beenden, um die Klimaziele einhalten zu können. Genannt werden hier vor allem bestimmte Produktionsverfahren wie die Zementherstellung, bei denen vorläufig nur schwer auf fossile Brennstoffe verzichtet werden kann.
Wogegen richtet sich die Kritik?
Klimaschützer befürchten, dass Staaten oder Unternehmen den Abschied von fossilen Energieträgern unter Hinweis auf die Option CCS auf die lange Bank schieben könnten. Auch in Deutschland werden immer wieder Überlegungen geäußert, man könne doch fossile Kraftwerke länger laufen lassen, wenn das CO2 dann abgeschieden und gespeichert werde. Ob eine solche Speicherung dann tatsächlich erfolgen würde, ist wegen der hohen Kosten aus wirtschaftlichen Gründen fraglich. Die CCS-Technologie selbst ist energieaufwendig, was den Einsatz besonders in Gaskraftwerken teuer macht. Das liegt – paradoxerweise – an der geringeren CO2-Konzentration im Abgas, etwa im Vergleich zu einem Zementwerk. Außerdem gelingt die CO2-Abscheidung nie vollständig und geeignete Lagerstätten sind begrenzt.
Wie ist die rechtliche Lage in Deutschland?
CCS, CCU und insbesondere der Transport von CO2 per Pipeline sind hierzulande bisher verboten. Genau dies will Habeck nun ändern. Der Minister betont, dass jedoch weiterhin die Vermeidung von CO2 im Vordergrund stehen muss. CCS an Land soll verboten bleiben. Auch für Kohlekraftwerke soll die Technologie nicht zulässig sein, um den Kohleausstieg nicht infrage zu stellen. Bei Gaskraftwerken soll CCS zwar möglich sein, aber nicht staatlich gefördert werden dürfen.
Was sagt die Wirtschaft?
Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) begrüßt die Entscheidung grundsätzlich: „Es ist richtig und wichtig, dass das Bundeswirtschaftsministerium diesen ersten Schritt gemacht hat“, so Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Jetzt müsse schnell ein effizientes Konzept vorgelegt werden: „Die Netze für Strom, Gas und Wasserstoff müssen gemeinsam mit dem Transportnetz für abgeschiedenes CO2 geplant, gebaut und gekoppelt werden“. Wichtig sei es, große CO2-Emittenten wie die Zement- und Kalkindustrie sowie CO2-Abnehmer vorrangig anzubinden. Allerdings kritisieren die Industriearbeitgeber, dass die Speicherung an Land verboten bleibt. mas/afp