Berlin – Das günstige Deutschland-Ticket für den Nahverkehr sorgt in ländlichen Regionen oft für lange Gesichter. Denn vielerorts ist das Angebot an öffentlichen Verkehrsmittel so gering, dass sich ein Abo für das 49-Euro-Ticket gar nicht lohnt. Das soll sich ändern. So will es zumindest die Deutsche Bahn. „Für die Verkehrswende müssen wir Lösungen schaffen, die von Tür zu Tür funktionieren“, sagt Evelyn Palla, die Chefin des Regionalverkehrs der Bahn.
Wie das aussehen könnte, will das Unternehmen ab April zeigen. Dann startet das Modellprojekt „Smile 24“, zu Deutsch lächeln, in Schleswig-Holstein. Bis Ende 2025 heißt das Motto in der Schlei-Region zwischen den Städten Schleswig und Kappeln: „Reisen von Tür zu Tür statt von Haltestelle zu Haltestelle“. Dafür werden Busse und Bahnen miteinander vernetzt. Zwischen den regionalen Zentren fahren Expressbusse. Von deren Haltestellen können Fahrgäste den letzten Teil der Fahrt mit einem Rufbus (On-Deman-Bus) zurücklegen – rund um die Uhr. Die Rufbusse werden elektrisch angetrieben und sind damit klimafreundlich unterwegs.
Jeder Wohnort soll maximal wenige hundert Meter von einer Haltestelle entfernt liegen. Wer anders voran kommen will, kann sich mit einem Leihfahrrad oder Car-sharing-Fahrzeug ausstatten. „Wir werden es so testen, dass alle ohne eigenes Auto zurecht kommen“, erläutert Palla.
Das Modellvorhaben wird von der Bahn gemeinsam mit dem regionalen Nahverkehrsverbund und den beiden Landkreisen betrieben. 37 Millionen Euro wird der Versuch kosten. Für die knapp 100.000 Einwohner der ländlich geprägten Kreise wird Mobilität zu einem günstigen Angebot. Denn auch hier gilt das 49-Euro-Ticket. Interessant ist das Projekt auch für die vielen Touristen, die in der beliebten Ferienregion Station machen. Einfach buchbar und planbar wird die Mobilität durch eine App für das Smartphone, über die von der Fahrplanauskunft bis hin zum Ticketkauf alles erledigt werden kann.
Für Palla ist die Vernetzung von Mobilitätsangeboten auf der Schiene und der Straße ein wichtiger Baustein der Verkehrswende. Das Angebot in der Schlei-Region will sie auch anderen Verkehrsverbünden nahebringen. Derzeit laufen schon Gespräche mit möglichen weiteren Modellregionen. Doch über Nacht, so räumt sie ein, ist ein flächendeckendes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln vor der Haustür nicht zu schaffen. „Das ist ein langer und steiniger Weg“, ahnt die Vorständin.
Das 49-Euro-Ticket wertet die Bahn nach dem ersten Jahr auch bundesweit als Erfolg. Im Nahverkehr auf der Schiene sind 60 Prozent der Fahrgäste mit dem Einheitsticket unterwegs. Die Zahl der Kunden ist seit dem Start um 16 Prozent gestiegen. Insgesamt haben inzwischen rund elf Millionen Menschen ein Abo für den bundesweit gültigen Fahrschein abgeschlossen. Inzwischen wächst die Zahl der Abos nur noch langsam an. Das liegt Palla zufolge auch am Streit über die dauerhafte Finanzierung des Angebots. Erst bei einer langfristigen Planungssicherheit würden zum Beispiel Pendler abwägen, ob sie eher ein neues Auto kaufen oder ein Nahverkehrsabo abschließen sollten.