München – Wer ernten will, muss säen, das gilt auch für den Autobau. Und beim Säen ist BMW im Moment sehr fleißig: Der Münchner Dax-Konzern plant im laufenden Jahr die höchsten Investitionen seiner Unternehmensgeschichte und rechnet deshalb sogar mit einem Rückgang des Gewinns. Um zu demonstrieren, in was das Geld gesteckt wird, hat BMW seine Geschäftszahlen für 2023 – 155 Milliarden Euro Umsatz, 17 Milliarden Gewinn – vorab präsentiert (wir berichteten) und die Bilanz-Pressekonferenz zweckentfremdet: Konzern-Chef Oliver Zipse stellte dort ein Visionsfahrzeug der Neuen Klasse vor, das ab 2025 vom Band laufen soll und BMWs wichtigste Neuerung seit Jahrzehnten wird.
Mit der Neuen Klasse schreibe BMW „nicht nur ein neues Kapitel, sondern ein ganz neues Buch“, betonte Zipse am Donnerstag in München. Egal ob bei Design, Effizienz, Reichweite, Infotainment, Fahrspaß oder autonomem Fahren: Überall soll die neue E-Auto-Generation Standards setzen. Damit ihr Marktstart in zwei Jahren klappt, nimmt BMW viel Geld in die Hand: Schon 2023 waren es 7,5 Milliarden, 2024 wird es nochmals mehr sein, kündigte der Autobauer an. Das Geld wird nicht nur für die Entwicklung der Fahrzeuge benötigt, sondern auch für Bau und Umbau der Produktion. Im ungarischen Debrecen wird extra ein neues Werk aus dem Boden gestampft, in München wird das Stammwerk umgebaut, es entstehen weltweit Batteriezentren.
Die Mega-Investitionen sollen die Marktführerschaft bei elektrischen Premiumfahrzeugen sichern. Von 2,55 Millionen Neuwagen des Herstellers waren im vergangenen Jahr schon 376 000 rein elektrisch, hinzu kamen etwa 190 000 Plug-in-Hybride. Das ist deutlich mehr als bei Audi oder Mercedes und half BMW, den EU-Flottengrenzwert für CO2 um 20 Prozent zu unterbieten. Die E-Mobilität bleibe der große „Wachstumstreiber“, versicherte das Unternehmen. 2024 werde die Zahl der elektrischen Verkäufe um „einen signifikanten zweistelligen“ Prozentsatz steigen. So könnten bereits vor 2030 und damit früher als geplant mehr als die Hälfte aller neuen BMW voll elektrifiziert sein.
Dass BMW in Sachen E-Mobilität derart konsequent liefert, ist durchaus bemerkenswert. Immerhin will sich der Konzern anders als einige Konkurrenten nicht von Dieseln und Benzinern verabschieden. Die technischen Errungenschaften und das Design der Neuen Klasse sollen übrigens der ganzen Produktpalette zugute kommen, „unabhängig von Segment und Antriebsstrang der Fahrzeuge“, so Zipse am Donnerstag. Erneut kritisierte der BMW-Chef das für 2035 geplante Verbrenner-Aus in der EU und warb dafür, die Entscheidung bei der anvisierten Wiedervorlage im Jahr 2026 nochmals zu überdenken.
Neuigkeiten gab es am Rande der Veranstaltung auch bei einem anderen Thema: Dem vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erhobenen Vorwurf der Abgasmanipulation bei BMW X3 der Baujahre 2010 bis 2014, der im Februar bekannt geworden war. Deutschlandweit sind 33 000 Fahrzeuge betroffen, in Europa sollen es zwischen 100 000 und 150 000 Fahrzeuge sein.
Der Münchner Autobauer wehrt sich nun gegen den Vorwurf, eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung verwendet zu haben. „Die BMW Group hat fristgerecht Widerspruch gegen den KBA-Bescheid eingelegt“, teilte ein BMW-Sprecher unserer Zeitung mit. Das KBA bestätigte das auf Anfrage. Das Unternehmen muss seinen Widerspruch nun gegenüber dem KBA begründen und macht dafür entsprechende Tests mit den Fahrzeugen. Parallel habe man aber „Abhilfemaßnahmen“ vorgeschlagen und arbeite an Soft- und Hardwareupdates für betroffene Fahrzeuge, so der Autobauer.