Berlin – Zwei gute Nachrichten hatte der für den Personenverkehr zuständige Bahnvorstand Michael Peterson am Rande der Bilanzvorstellung des Konzerns doch noch in der Tasche. „Die Mannschaften werden pünktlich zu den Spielen da sein“, verspricht der Manager mit Blick auf die anstehende Fußball-Europameisterschaft. Und Bahncard-Kunden ohne Smartphone können auch weiterhin eine physische Rabattkarte besitzen, wenn die Plastikkarten bald endgültig abgeschafft werden. In den Reisezentren kann die Bahncard beim Kauf der Bahncard auch auf Papier ausgedruckt werden. Es gibt den Nachlass entgegen manch anderen Meldungen also auch für Digitalmuffel.
Das war es dann aber auch schon mit den guten Neuigkeiten aus dem Konzern. Die Deutsche Bahn (DB) bleibt vielmehr ein großes Sorgenkind. Unter dem Strich der Jahresbilanz 2023 steht ein dickes Minus von 2,3 Milliarden Euro. Und der Schuldenstand verweilt auf einem Rekordniveau von 34 Milliarden Euro. Für das schwache Ergebnis gibt es gleich mehrere Gründe. Einer davon ist die Rückkehr zur Normalität in den internationalen Lieferketten.
Das betrifft den einzigen großen Gewinnbringer, die Spedition Schenker. Die Pandemie bescherte dem Logistikunternehmen in den vergangenen Jahren hohe Frachtraten und entsprechend große Erträge. Im vergangenen Jahr gingen die Transportpreise dann wieder deutlich zurück. Doch mit einem Gewinn von 1,1 Milliarden Euro war Schenker auch 2023 ein zuverlässiger Ertragslieferant. Das wird wohl nicht mehr lange so bleiben. Denn das Unternehmen soll verkauft werden, um mit den Erlösen den Schuldenberg zu verringern. Mehr als 20 Interessenten haben sich für die größte europäische Spedition gemeldet. Schätzungen gehen von über 13 Milliarden Euro aus, die das Unternehmen wert ist.
Sorgenkind bleibt der Güterverkehr mit einem neuerlichen Minus von knapp 500 Millionen Euro. Chefin Sigrid Nikutta will nun radikal umsteuern und die wachstumsträchtigen Containertransporte auf Tochterunternehmen übertragen.
Trotz anhaltender Pünktlichkeitsprobleme kann die Bahn über einen mangelnden Zuspruch der Kundschaft nicht klagen. 1,8 Milliarden Reisende zählte das Unternehmen im vergangenen Jahr, fünf Prozent mehr als 2022. Auf Langstrecken liegt die Verkehrsleistung sogar über dem Niveau vor der Pandemie. Die Zuverlässigkeit bleibt ein Problem. Nur 64 Prozent der Fernzüge erreichten das Fahrziel zur rechten Zeit. In diesem Jahr wollen 70 Prozent der Züge pünktlich unterwegs sein.
Der Milliardenverlust resultiert auch aus finanziellen Vorleistungen der Bahn für den Bund für Investitionen ins Schienennetz. In diesem Jahr beginnen die Generalsanierungen der wichtigsten Korridore. Mit den Vorbereitungen hat die Bahn schon früh begonnen. So stiegen die Investitionen aus eigenen Mitteln im vergangenen Jahr um 16 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro. Zusammen mit den Bundesmitteln flossen fast 17 Milliarden Euro in die Modernisierung. In diesem Jahr werden es schon 21 Milliarden Euro sein.
Auch die Streiks haben die Bilanz vermiest. Auf 200 Millionen Euro taxiert das Unternehmen den Schaden im vergangenen Jahr. Wie viel in diesem Jahr noch dazu kommt, ist offen. Derzeit laufen die Verhandlungen zwischen Bahn und Lokführergewerkschaft noch. Man sei auf einem guten Weg, sagte Personalvorstand Martin Seiler nur. Über den Stand haben beide Seiten Stillschweigen vereinbart. WOLFGANG MULKE