Bauernverbände haben mit europaweiten Protesten in den vergangenen Wochen massive Zugeständnisse aus Brüssel erreicht: Die EU-Kommission schlug Zölle auf Agrarimporte aus der Ukraine, Ausnahmen von Umweltauflagen und weniger Kontrollen vor. Über die jüngsten Vorschläge beraten am Dienstag die EU-Agrarminister. Dabei geht es auch um Änderungen an der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), aus der jährlich Milliardensubventionen an die Landwirtschaft fließen.
Um wie viel Geld geht es?
Die GAP ist mit jährlich rund 55 Milliarden Euro der größte Einzelposten im Haushalt der EU. Deutschland stehen davon jährlich mehr als sechs Milliarden Euro zur Verfügung. Rund drei Viertel der Gelder gehen als Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe, der Rest ist für die Förderung ländlicher Regionen vorgesehen. Die Höhe der Direktzahlungen hängt zum großen Teil von der bewirtschafteten Fläche ab: Je größer der Betrieb, desto mehr Geld gibt es.
Welche Auflagen müssen die Bauern erfüllen?
Landwirte müssen sich ab einer bestimmten Größe an Umweltstandards halten, um Subventionen aus Brüssel zu erhalten. Sie sollen etwa Fruchtfolgen einhalten, Pufferstreifen entlang von Gewässern beachten und Zwischenfrüchte anbauen, um den Boden zu schützen. Diese Maßnahmen sehen Experten als entscheidend, da immer mehr Ackerfläche auf der Welt durch intensive Landwirtschaft an Qualität verliert und damit langfristig die Produktivität der Böden sinkt. Bei diesen Auflagen machte die EU-Kommission infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine bereits Zugeständnisse an die Betriebe, so wurde eine Regelung für einen Mindestanteil an Brachland auf Ackerflächen ausgesetzt.
Wie werden Umweltprojekte gefördert?
Neben den grundsätzlich geltenden Umweltstandards ist ein Viertel der Direktzahlungen für Projekte vorgesehen, die der Umwelt oder dem Artenschutz dienen, wie etwa das Anpflanzen von Hecken. Ein Teil der Förderung für ländliche Regionen ist ebenfalls für den Umweltschutz reserviert. Umweltorganisationen wie der Nabu fordern seit langem, die Direktzahlungen in ihrer jetzigen Form abzuschaffen und nur noch Klima- und Umweltschutzprojekte zu fördern.
Wo macht die EU-Kommission Zugeständnisse an die Landwirte?
Die EU-Kommission schlägt vor, weiter keinen Mindestanteil an Brachland zu fordern und die Regelung durch freiwillige Maßnahmen zu ersetzen. Bei den Vorgaben für den Anbau von Zwischenfrüchten sollen die EU-Staaten mehr Spielraum bekommen. Landwirtschaftliche Betriebe sollen zudem mehr Wiesenflächen in Ackerland umwandeln dürfen. Das würde vor allem Tierhaltern zugute kommen, die wegen schlecht laufender Geschäfte auf den Getreideanbau umstellen. Wenn Landwirte unter Dürren oder Überschwemmungen leiden, sollen zudem Vorgaben für die Fruchtfolge abgeschwächt werden. Die Betriebe müssten dann lediglich mehr verschiedene Pflanzenarten anbauen, die Sorten aber nicht mehr jährlich wechseln.
Welche Ausnahmen sind bei Strafen und Kontrollen geplant?
Kleine Höfe mit einer Fläche von weniger als zehn Hektar sollen sowohl von Kontrollen als auch von Strafen ausgenommen werden. Der Anteil solch kleiner Betriebe an den Empfängern der EU-Landwirtschaftssubventionen beträgt rund 65 Prozent – der Anteil der Fläche, die sie bewirtschaften, jedoch nur 9,6 Prozent.
Was fordern die Landwirte?
Der europäische Bauernverband Copa-Cogeca rief die Agrarminister dazu auf, den Vorschlägen aus Brüssel zuzustimmen. Copa-Cogeca spricht sich zudem für Zölle auf Agrarimporte aus Russland und der Ukraine aus, über die derzeit verhandelt wird. Nach Darstellung des Verbands drücken die Einfuhren die Preise in der EU. afp