München – BayWa-Chef Marcus Pöllinger hat Kritik am schnellen Expansionskurs der BayWa unter seinem Vorgänger Klaus Josef Lutz geäußert. „Wir sind unter meinem Vorgänger sehr erfolgreich international in neue Geschäftsfelder wie die Erneuerbaren Energien vorgestoßen“, sagte Pöllinger dem „Handelsblatt“ in einem Interview. „Doch vielleicht sind wir aufgrund des billigen Geldes in einige Bereiche etwas zu zügig expandiert“, so Pöllinger. Die BayWa sei heute zwar kein Sanierungsfall, jedoch ein „Optimierungsfall“.
Pöllingers Vorgänger Klaus Josef Lutz hatte die BayWa als Vorstandschef zum Weltkonzern gemacht. 2011 stiegen die Münchner mit einer Übernahme in Neuseeland in den globalen Obsthandel ein, zudem setzte das Unternehmen stark auf Erneuerbare Energien als Geschäftszweig.
Mit den gestiegenen Zinsen drücken nun die Schulden. „Die Kapitalkosten steigen im aktuellen Zinsumfeld“, sagte Pöllinger. „Wir werden unser Portfolio fokussieren.“ Man sehe sich Geschäftszweige genau an, die nicht die nötige Profitabilität haben. So stehe der deutsche Landwirtschafts- und Baubereich vor einer „Optimierung“. Ausbauen will Pöllinger dagegen den internationalen Getreide- und Spezialitätenhandel sowie das Geschäft mit Erneuerbaren Energien.
Das im SDax gelistete Unternehmen wird am Donnerstag seine Bilanz für 2023 vorlegen. Dort könnte das Traditionsunternehmen den ersten Verlust seiner Firmengeschichte vermelden, weshalb das Management den Aktionären dieses Jahr keine Dividende zahlen will. Man könne nur ausschütten, was man verdient habe und zahle „keine Dividende aus der Substanz“, erklärte Pöllinger.
In den letzten Quartalen drückten niedrigere Rohstoffpreise, gestiegene Zinsen, ein Einbruch in der Baubranche sowie ein Zyklon in Neuseeland die Geschäftszahlen der BayWa ins Minus. Die Naturkatastrophe habe große Teile der Apfelernte vernichtet und ein Viertel der Bäume „gekillt“, so Pöllinger. Zudem überschattete ein Machtkampf mit Ex-BayWa-Chef Lutz, der in den Aufsichtsrat gewechselt war, Pöllingers Amtsantritt. Der Konflikt hätte Pöllinger beinahe den Job gekostet, am Ende trat aber Lutz als Aufsichtsratschef zurück. ANDREAS HÖSS