Was Rentner und Erwerbstätige eint: Wer ein geringes Einkommen hat, leidet besonders unter der Inflation. © Ramon Van Flymen
Berlin – Rentner haben unterdurchschnittlichen Kaufkraftverlust erlitten. Doch mehr als ein Drittel der Rentner-Haushalte hat keine finanziellen Reserven, um höhere Preise auszugleichen.
Die rund 12,4 Millionen Rentner-Haushalte sind etwas besser durch die Zeit mit hohen Preissteigerungen gekommen als durchschnittliche Haushalte. Ihr Kaufkraftverlust zwischen 2018 und 2023 ist mit 1,7 Prozent zwar auch schmerzlich. Doch die Haushalte von Erwerbstätigen büßten in dieser Zeit 2,2 Prozent an Kaufkraft ein. Das ergab eine Studie der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Allerdings gibt es bei beiden Gruppen eine große Gemeinsamkeit. „Haushalte mit niedrigen Einkommen waren im Jahr 2023 stärker inflationsbetroffen“, sagt Forscher Maximilian Stockhausen, „dies gilt auch für einkommensschwache Rentner-Haushalte.“
Ein tieferer Blick in die Analyse zeigt einige Unterschiede im Konsumverhalten. Die Einbußen durch die Teuerung liegen bei allen Bevölkerungsgruppen im Durchschnitt auf einem ähnlichen Niveau von gut acht Prozent im Jahr 2022 und knapp sechs Prozent im vergangenen Jahr. Rentnerhaushalte haben der Anstieg der Energiepreise und der für Nahrungsmittel besonders stark getroffen. Dagegen schlugen Preissteigerungen bei den anderen Haushalten auch bei der Mobilität stark zu Buche. „Rentner bleiben eher zu Hause und heizen mehr“, erklärt DRV-Experte Martin Beznoska den Unterschied.
Im Vergleich zwischen 2018 und 2023 stehen die Rentner-Haushalte auch bei der Einkommensentwicklung etwas besser da als andere. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen stieg in dieser Zeit um 17,6 Prozent auf 2962 Euro. Dieser Wert beinhaltet alle Einkünfte, also auch durch Kapitalerträge oder Wohngeld. Trotz der Steigerung liegen die Einkommen der Rentner-Haushalte aber deutlich unter denen von Vergleichsgruppen. Pensionäre konnten einen Zuwachs um gut 16 Prozent auf durchschnittlich 5914 Euro verbuchen, alle sonstigen Haushalte nahmen 16,8 Prozent mehr und damit 4674 Euro im Monat ein.
Allerdings sind die Unterschiede zwischen den gesetzlich versicherten Rentnern beträchtlich. Die 20 Prozent mit dem geringsten Haushaltseinkommen konnten sich zwar über eine Einkommenssteigerung um fast 20 Prozent freuen. Doch mit 1348 Euro Einkommen im Monat reicht es bei ihnen gerade einmal zum Leben. Die reichsten 20 Prozent der Rentner-Haushalte verfügen aktuell über 5594 Euro monatlich, 16,6 Prozent mehr als 2018.
Nach Einschätzung der Wissenschaftler haben auch staatliche Sozialprogramme dafür gesorgt, dass Rentnerhaushalte von der Inflation weniger getroffen wurden als andere. Dazu zähle der Energiekostenzuschuss von 300 Euro im Dezember 2022. Da Haushalte mit höheren Einkommen den Zuschuss versteuern mussten, profitierten viele Rentner stärker davon. Auch die Erhöhung des Wohngelds kommt vor allem den Rentnern zugute. Sie stellen fast die Hälfte der Wohngeldbezieher. Die durchschnittliche Höhe des Wohngelds verdoppelte sich 2023 auf maximal 370 Euro.
Doch eine anhaltend hohe Inflation würde das Bild wohl deutlich eintrüben. Denn die finanziellen Spielräume vieler Rentnerhaushalte reichen zum Ausgleich von Preissteigerungen nicht aus. Zum Sparen bleibt da kaum etwas übrig. Und der Anteil der Rentnerhaushalte, die mehr ausgeben, als sie einnehmen, ist von fast 28 Prozent auf 30 Prozent angewachsen. Das heißt, hier wird vorhandenes Sparvermögen aufgebraucht. Bei den Haushalten von Erwerbstätigen muss nur jeder fünfte die Reserven anzapfen.
WOLFGANG MULKE