Die Münchner Zentrale von FTI: 11 000 Mitarbeiter bundesweit bangen um ihre Jobs. © Sven Hoppe, dpa
Ägypten (im Bild Hurghada) ist eines der Lieblingsziele von FTI-Kunden. Reisen mit Starttermin heute sind aber fast alle abgesagt. © Benno Schwinghammer, dpa
München – Man ist mitten im Urlaub – und der Reiseveranstalter ist plötzlich pleite. Genau das ist gerade mit FTI aus München passiert. Doch was bedeutet das jetzt für Urlauber, die schon im Hotel sitzen? Müssen sie abreisen? Und was heißt es für Reiselustige, die ihren Sommerurlaub bei FTI gebucht haben? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wer ist von der Insolvenz betroffen?
Nach Angaben von FTI sind mehrere Marken des Unternehmens von der Pleite betroffen. Neben FTI in Deutschland, Österreich und den Niederlanden geht es um „5vorFlug“, „BigXtra“ und die Autoverleiher „DrivFTI“ sowie „Cars und Camper“. Nicht betroffen sind Reisende, die ihren Urlaub über FTI bei anderen Veranstaltern gebucht haben.
Finden bereits gebuchte Reisen noch statt?
Wahrscheinlich nicht. „Noch nicht begonnene Reisen werden voraussichtlich ab Dienstag, den 4. Juni 2024, nicht mehr oder nur teilweise durchgeführt werden können“, kündigt FTI an. Wie es weitergeht, liegt in den Händen des noch nicht bestellten Insolvenzverwalters. Das Unternehmen will in den kommenden Tagen ein Konzept dafür entwickeln. Wer in den Sommermonaten mit FTI verreisen wollte, sollte sich besser schon einmal um eine Alternative kümmern.
Haben Arbeitnehmer ein Recht, ihren Urlaub wegen der Pleite zu verschieben?
Nein. Sollten die Reisepläne nachhaltig durcheinander geraten, können Betroffene nur auf die Kulanz des Arbeitgebers hoffen.
Was können Urlauber tun, die jetzt mit FTI in den Ferien sind?
Derzeit werde „mit Hochdruck daran gearbeitet, dass die bereits angetretenen Reisen auch planmäßig beendet werden können“, teilt FTI mit. Geschätzt 65 000 Kunden sind momentan am Urlaubsort von der Pleite betroffen. Ob sie ihren Urlaub normal beenden können, ist ungewiss. Bei der Pleite von Thomas Cook weigerten sich Hotels aus Angst vor Zahlungsausfällen vor einer weiteren Beherbergung von Cook-Gästen. Für Urlauber hat FTI eine Notrufnummer eingerichtet: +49 (0) 89 / 710 45 14 98. Das Auswärtige Amt will unterstützen und steht über seinen Krisenstab im Austausch mit dem Deutschen Reiseverband und dem Reiseversicherungsfonds DRSF. Der habe zugesagt, keine Pauschalurlauber, die von der FTI-Insolvenz betroffen sind, im Regen stehen zu lassen. Die Bundesregierung rechnet derzeit jedenfalls nicht mit einer großen Rückholaktion.
Wer haftet für die entstandenen Schäden?
Es ist davon auszugehen, dass alle Kunden bereits geleistete Zahlungen zurückerhalten. Das gilt auch für Urlauber, die schon unterwegs sind und womöglich erst einmal Hotel oder Flug aus eigener Tasche bezahlen müssen. Denn für Pauschalreisen gilt eine Pflicht zur Insolvenzversicherung über den Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF). An diesem Fonds müssen sich alle Veranstalter mit mehr als zehn Millionen Euro Umsatz beteiligen. Jeder Kunde erhält bei der Buchung einen Sicherungsschein dafür. Allerdings gilt die Versicherung nur für Pauschalreisende. Das heißt, die Kunden müssen wenigstens zwei Reisebestandteile bei FTI gebucht haben, etwa Flug und Hotel. Wer nur eine Leistung beansprucht, etwa einen Mietwagen, bleibt vermutlich auf seinem Schaden sitzen. FTI prüft derzeit, ob auch diese Kunden noch Leistungen erhalten.
Was ist der Reisesicherungsfonds DRSF?
Bei der Pleite von Thomas Cook musste der Staat einspringen, um Reisende zurückzuholen. Der Schaden belief sich auf 290 Millionen Euro plus 60 Millionen für den Rücktransport von Urlaubern. Damit das nicht wieder passiert, wurde ein Sicherungsfonds eingerichtet, in den alle Veranstalter bis Ende 2026 insgesamt 750 Millionen Euro einzahlen müssen. Der Fonds verfügt nach Branchenangaben schon über die gesamte Summe. „Der DRSF wird im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags dafür sorgen, dass geleistete Zahlungen erstattet werden“ erklärt der Fonds. Er werde sich mit betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher in Verbindung setzen.
Warum ist FTI in Schieflage geraten?
Schon in der Corona-Krise stand der Reisekonzern finanziell am Abgrund. Der Bund half mit Darlehen von rund 600 Millionen Euro. Davon hat FTI bisher nur einen zweistelligen Millionenbetrag zurückbezahlt. Vor einigen Wochen gab es einen neuen Hoffnungsschimmer für FTI. Der US-Investor Certares wollte die Gruppe übernehmen und mit frischem Kapital ausstatten. Doch daraus wurde nichts. Zuletzt gab es noch Verhandlungen der FTI mit dem Finanz- und Wirtschaftsministerium über eine weitere staatliche Rettung. Doch der Bund lehnte erneute Hilfen ab. Die erste Rettungsaktion könnte sich für die Steuerzahler als teurer Flop erweisen, denn eine Rückzahlung des Darlehens erscheint aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich. Mit der Insolvenz rächt sich nach Einschätzung von Branchenexperten die Geschäftsstrategie von FTI, die auf knapp kalkulierte Urlaubsangebote setzte.
Wie geht es jetzt weiter?
Zunächst wird ein Insolvenzverwalter bestellt, der dann das weitere Vorgehen festlegt. Ab sofort will der DRSF sich darum kümmern, die FTI-Kunden aus den Zielorten wieder zurückzubringen. Das soll gemeinsam mit FTI organisiert werden. Offen ist auch, wie es für die Beschäftigten des Konzerns weitergeht. Da bangen nämlich 11 000 Leute um ihren Job.