Warum Viessmann verkauft hat

von Redaktion

Vor über einem Jahr wurde bekannt, dass Viessmann seine Heiztechnik-Sparte an den US-Konzern Carrier Global verkaufen will. Jetzt hat Firmenerbe Maximilian Viessmann in München erklärt, warum er sich für den Verkauf entschieden hat.

Die Traditionsfirma hat ihre Klimasparte an einen Konkurrenten in den USA verkauft. © IMAGO

München – Eine kleine Wirtschafts-Meldung versetzte vor über einem Jahr den politischen Betrieb in Aufregung: Ende April 2023 berichtete das „Wall Street Journal“, dass der hessische Heizungs-Hersteller Viessmann seine Heiztechnik-Sparte mitsamt dem Wärmepumpengeschäft an den US-Konzern Carrier Global verkaufen will. 20 Prozent des Kaufpreises in Höhe von zwölf Milliarden Dollar sollte Viessmann in Form von Carrier-Aktien erhalten, Viessmann würde damit zu einem der größten Anteilseigner im US-Konzern werden. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass betriebsbedingte Kündigungen von Viessmann-Beschäftigten für drei Jahre ausgeschlossen sind, wichtige Produktionsstandorte fünf Jahre gesichert sind und das hessische Allendorf zehn Jahre Hauptsitz bleiben soll.

Die Nachricht platzte in eine politische aufgeladene Stimmung: Zuvor hatte die Bundesregierung beschlossen, dass ab 2024 eingebaute Heizungen konsequent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden sollten. Auch wenn das „Heizungs-Gesetz“ später in abgeschwächter Form vom Bundestag beschlossen wurde, im April 2023 war die Wärmepumpe ein Politikum. Das von Robert Habeck (Grüne) geführte Bundeswirtschaftsministerium zeigte sich überrascht von den Viessmann-Plänen und kündigte eine Prüfung an. Der Koalitionspartner FDP gab sich regelrecht alarmiert: Geistiges Eigentum und Produktion seien nicht auf Dauer in Deutschland gesichert, hieß es aus der FDP-Parteispitze. CDU-Politikerin Julia Klöckner hielt Habeck vor, mit dem geplanten Heizungsverbot finanzstarke Wärmepumpenhersteller aus dem Ausland angelockt zu haben.

Was in der Aufregung kaum Beachtung fand: Die eigentliche Motivation des 35-jährigen Firmenerben Maximilian Viessmann. Im Januar dieses Jahres brachte er den Verkauf über die Bühne. „Jetzt, wo die Transaktion abgeschlossen ist, kann ich offen darüber sprechen“, sagte Maximilian Viessmann am Montagabend in München. Sein Ziel sei immer gewesen, den Mitarbeitern langfristig gerecht zu werden. Angesichts des schnell wachsenden Marktes habe Viessmann auch Alternativen wie einen Börsengang geprüft. Auch sagte er, dass bei einem möglichen Zusammenschluss mit einem Konkurrenten immer Voraussetzung gewesen sei, dass es keine Überlagerung der Geschäftsgebiete gebe. Gleichzeitig habe Viessmann einen Zugang zum Inflation Reduction Act in den USA gesucht. 2022 hatte US-Präsident Joe Biden das Subventions-Programm auf den Weg gebracht, es sieht 370 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz-Maßnahmen vor. Aus Sicht von Viessmann war Carrier Global damit der bestmögliche Partner.

Dennoch sei er mit Aussagen konfrontiert gewesen, es gebe einen „Ausverkauf der heimischen Wirtschaft“, „der Habeck sieht was er davon hat“ bis hin zu Sätzen wie „der Unternehmer hat kein Bock mehr“, beklagte Viessmann die Reaktionen auf seine Pläne. „Es wurde reinprojiziert was man reinprojizieren wollte.“ Positive Rückmeldungen habe der ausgerechnet von den Mitarbeitern in Allendorf erhalten. Für die Viessmann-Beschäftigten habe man dank der Beschäftigungs- und Standort-Garantien die beste Lösung gefunden und wegen der Sieben-Prozent-Beteiligung an Carrier sei das US-Unternehmen heute ein Teil des Familienunternehmens Viessmann.

Auch habe man sich beim Verkauf der Sparte streng am Leitbild von Viessmann orientiert. Ein solches Leitbild „mag für den einen oder anderen etwas esoterisch klingen“, sagte der Firmenchef, aber das Leitbild von Viessmann sei, Lebensräume für zukünftige Generationen zu gestalten. In diesem Zusammenhang spiele die Reduktion von CO2 eine entscheidende Rolle. „Der Klimawandel trifft uns alle“, sagte Maximilian Viessmann.

Dank der Carrier-Beteiligung habe Viessmann nun Mitsprache im US-Konzern, und die Erlöse aus dem Verkauf sollen in Unternehmen investiert werden, die dem Leitbild gerecht werden. Der erste Schritt ist getan: Gemeinsam mit dem Finanzinvestor KKR hat sich die Familie Viessmann am Hamburger Wind- und Solarpark-Betreiber Encavis mit mehr als zwei Dritteln beteiligt. Der 35-Jährige Firmenerbe ist sich sicher: „Es wird eher mehr Viessmann-Unternehmen in Zukunft geben als weniger.“

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