Stuttgart – Seit mehr als zehn Jahren leben die Menschen in Stuttgart mit einer Mega-Baustelle mitten in ihrer Stadt. Dort, am Hauptbahnhof, baut die Bahn einen neuen Tiefbahnhof, besser bekannt als Stuttgart 21. Der sollte eigentlich Ende 2025 den bisherigen Kopfbahnhof ersetzen. Schon etwas länger ist klar, dass der Kopfbahnhof noch bis Ende 2026 in Betrieb bleiben wird. Die Eröffnung des neuen Tiefbahnhofs wird nun auf Ende 2026 verschoben. Das hat die Bahn gestern ihren Projektpartnern mitgeteilt.
Das Projekt Stuttgart 21 steht nicht nur für den Bau des neuen Hauptbahnhofs in der Landeshauptstadt, sondern für die komplette Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart. Gebaut werden neue Bahnhöfe – etwa ein neuer Fernbahnhof am Flughafen –, Dutzende Kilometer Schienenwege und Tunnelröhren, Durchlässe sowie Brücken. Herzstück von Stuttgart 21 ist der neue unterirdische Hauptbahnhof, der im Gegensatz zum bisherigen Kopfbahnhof ein Durchgangsbahnhof sein wird.
Bisher hatte die Bahn immer betont, am Inbetriebnahme-Termin im Dezember 2025 festhalten zu wollen. Ob dieser auch wirklich gehalten werden kann, war seit Längerem fraglich. So hatte die Bahn im März mitgeteilt, dass der bestehende Stuttgarter Hauptbahnhof zumindest auch im Jahr 2026 in Betrieb bleibe. Aufgrund von großen Herausforderungen bei der Digitalisierung des Stuttgarter Bahnknotens wird der Fahrplan für das Jahr 2026 noch auf Basis der alten Infrastruktur mit dem bestehenden Kopfbahnhof erstellt. Eigentlich sollte der ab Ende 2025 nicht mehr genutzt werden. Gestern nun wurde die Verschiebung der Inbetriebnahme des neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs auf Dezember 2026 offiziell. Das umstrittenste Bahnprojekt Deutschlands verzögere sich damit erneut um ein weiteres Jahr. Die Verschiebung kostet laut Bahn rund 100 Millionen Euro. Der Kostenrahmen müsse aber nicht ausgeweitet werden, es gebe eine ausreichende Risikovorsorge.
Bei der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung im Jahr 2009 sahen die Pläne laut Bahn eine Einweihung im Jahr 2019 vor. Seither hatte es immer wieder Verschiebungen gegeben. Als Gründe nennt die Bahn mehrere Punkte: Klagen gegen das Projekt und geänderte Auflagen etwa beim Brandschutz. Weitere Faktoren für die Verzögerungen seien der „geologisch anspruchsvolle Untergrund im Stuttgarter Stadtgebiet“ oder aufwendige Genehmigungsverfahren durch geänderte Gesetze beim Artenschutz.
Die Bahn taxiert die Kosten für Stuttgart 21 derzeit auf rund elf Milliarden Euro und hat zusätzlich einen Puffer von 500 Millionen Euro eingeplant. In den vergangenen Jahren hatte es mehrfach deutliche Kostensteigerungen gegeben. In einem Finanzierungsvertrag aus dem Jahr 2009 ist die Verteilung von Kosten bis zu einer Höhe von gut 4,5 Milliarden Euro geregelt. Die milliardenschweren Mehrkosten muss die Bahn alleine tragen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte Anfang Mai die Klagen mehrerer Gesellschaften der Bahn gegen das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, den Verband Region Stuttgart und den Flughafen Stuttgart abgewiesen.