Berlin/München – Nebeneffekt der Zeitenwende: Die SPD will sich künftig mehr um die Rüstungsindustrie in Deutschland kümmern. In einem Zehn-Punkte-Papier schlägt die Bundestagsfraktion sogar einen Einstieg des Staates in die Unternehmen vor, um im Verteidigungsfall die Rüstung schneller hochfahren zu können. Das neunseitige Papier, über das „Politico“ berichtet, liegt unserer Zeitung vor.
„Die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ist nicht irgendeine Industrie“, heißt es in dem aktuellen Konzept. Leitend bei der Stärkung der Branche „dürfen nicht Marktmechanismen sein, sondern Sicherheitsinteressen, Werte und Normen“. Die weithin privatwirtschaftlich organisierte deutsche Branche aus Konzernen und Mittelständlern soll in Teilen vom Staat gestützt werden. „Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können“, wolle man „über strategische Staatsbeteiligungen an relevanten Unternehmen der Industrie nachdenken“. Und weiter: „In ausgewählten Bereichen braucht es nationale Champions, auch um Steuerung und Skalierung im Krisenfall nachhaltig finanzieren zu können.“ Man solle Staatsbeteiligungen des Bundes in Unternehmen erwägen, dann mit Sperrminorität. Abwickeln könne das eine eigene Einheit der Staatsbank KfW.
Aktuell hält der Staat Anteile beim Sensorspezialisten Hensoldt, laut „Handelsblatt“ wird über einen Einstieg bei Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) wird diskutiert. An Airbus hält der Bund knapp elf Prozent der Anteile.
Für die SPD, die sich als „Friedenspartei“ zu positionieren versuchte, sind das ungewohnte Töne. Die Verteidigungspolitiker der Fraktion gehen noch weiter. Sie fordern eine neue Rüstungsexport- Kontrolle, die mehr Spielräume lässt. Die Abnahme von Rüstungsgütern durch die Bundeswehr als wichtigstem Kunden reiche nicht aus, um Kapazitäten, Expertise und Fachkräfte im Land zu halten. Leitlinie für Exporte soll sein, dass sie nicht die Ziele in der Außenpolitik konterkarieren, „regionale Konflikte anheizen oder Menschenrechtsverletzungen begünstigen“ dürften. C. DEUTSCHLÄNDER